Heimat-Jahrbuch 2000

« zurück
„Wenn man Rheinländer und dazu noch ,Nüsser’ ist, kann man, was man will...“
Im Jahre 2000 jährt sich zum 120sten Mal der Geburtstag von Max Clarenbach
Von Dietrich Clarenbach

Bereits als Akademiestudent debütierte Max Clarenbach mit Erfolg. Innerhalb der Pfingstausstellung des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in der Städtischen Kunsthalle zu Düsseldorf zogen die beiden Ansichten von Neuss, der Vaterstadt des Achtzehnjährigen Aufmerksamkeit auf sich. Sie wurden vom Rezensenten der Ausstellung positiv und als vielversprechend erwähnt und fanden ihre Käufer. Eine von beiden erwarb Carmen Sylva, die aus dem Rheinland stammende Dichterin, eine geborene Prinzessin v. Wied, als Königin Elisabeth von Rumänien für ihre Gemäldesammlung.

Rückblickend sah Max Clarenbach seinen Erfolg, der mit dieser Ausstellung begann und ihn sein Leben lang begleitete, neben seinem Talent in seiner schweren Kindheit und Jugend mitbegründet. Er wurde am 19. Mai 1880 als zweites von sechs Kindern der Eheleute Alfred Hugo Clarenbach und Selma Hedwig Dorothea Koenen geboren. Die Vorfahren väterlicherseits stammen aus dem Bergischen Land, dort 1475 erstmals urkundlich nachgewiesen als Besitzer eines Hofes „im Clarenbach“, einem breiten, zwischen Wuppertal, Remscheid und Ronsdorf gelegenen Talgrund. Sie waren - von vereinzelten Landwirten abgesehen - bis ins 19. Jahrhundert Handwerker, Kaufleute, Unternehmer, Messerschmiede und -schleifer in den am Hottenbach und Leyersbach gelegenen Klopfhämmern und Schleifkotten, später Messerfabrikanten im Solinger Gebiet, seit 1800 Tuchfabrikanten in Hückeswagen, Bandwirker und -fabrikanten in Ronsdorf. Auch Max Clarenbachs Urgroßvater war Bandwirker und Kaufmann, ebenso sein Großvater, der - verheiratet mit einer aus Lüttich im Limburgischen gebürtigen Kaufmannstochter - Teilhaber des Unternehmens Clarenbach & Bergmann in Barmen und Düsseldorf mit einer Zweigniederlassung in Wien wurde, das als Spezialartikel Hutgarnituren herstellte und vertrieb.

Künstlerische Talente finden sich in der Familie erstmals seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; ebenfalls im Ronsdorfer Zweig die Malerin, auch Bildhauerin Martha Clarenbach-Lupberger, im Hückeswagener die Landschafts- und Porträtmalerin Henriette Auguste, gen. Jetty Clarenbach. Der Urgroßvater mütterlicherseits war Weißgerber, desgleichen der in Neuss geborene Großvater Balthasar Koenen, bevor er mit neunzehn Jahren beschloß, Berufssoldat zu werden. 1860 bewarb er sich um das Amt des Hafenmeisters in seiner Heimatstadt und kam in dieser Stellung, die er 46 Jahre innehatte, zu hohem Ansehen. Aus der Ehe mit Johanna Claaßen, Tochter eines Dachdeckers aus Kleve, gingen neun Kinder hervor. Von den sechs Söhnen wählten vier Berufe, die bildnerische Fantasie voraussetzen; drei fanden als Baumeister, Archäologe und Schiffsmodellbauer internationale Beachtung.

Abgesehen von wenigen Porträtfotos sind keine persönlichen Dokumente überliefert, haben sich keine Spuren erhalten, aus denen auf Bildung, Interessen oder Neigungen der Eltern Max Clarenbachs geschlossen werden könnte. Die Gesichtszüge des Vaters können als weich, der Blick als stechend, die Mundpartie als energisch bezeichnet werden; der Gesichtsausdruck der Mutter läßt bei aller Weiblichkeit auf Entschlossenheit schließen.

Während die Brüder des Vaters als selbständige Kaufleute, einer als Ingenieur und Teilhaber einer Maschinenfabrik in Berlin, beruflich erfolgreich waren, zu Ansehen und Wohlstand kamen, wechselte Alfred Hugo Clarenbach häufig seine Anstellung und kam über den Status eines kleinen Angestellten nicht hinaus. Als Beruf gab der in Ronsdorf geborene bei verschiedenen Anlässen Kaufmann, Kanzleigehilfe, Kanzleibeamter oder Schreiber für sich an. Die Mutter arbeitete als Putzmacherin. Die finanziellen Verhältnisse der kinderreichen Familie müssen als sehr bescheiden angesehen werden; der Tod des Vaters wird dem Standesamt Neuss durch den Armenverwaltungssecretair angezeigt. Da er öfters die Miete nicht aufbringen konnte, wurde der Familie wiederholt gekündigt. Infolge mehrfachen Wohnungswechsels - für Max Clarenbach sechsmal in seinen ersten zwölf Lebensjahren - lernten die Kinder das Grundgefühl steter Geborgenheit nie kennen, mußten sich immer wieder an eine neue häusliche Umgebung gewöhnen. Sie wuchsen unter Familienverhältnissen auf, die von Unbeständigkeit und Ruhelosigkeit, materieller Not und Einschränkung bestimmt waren; Entbehrungen verschiedenster Art trübten ihre Kindheit.

Über seine Schulzeit in Neuss schreibt Max Clarenbach in einem 1929 abgefaßten Lebenslauf: „Ich bekam Prügel, sehr viel Prügel. Als einziger Lichtblick dieser Jahre sind mir die Zeichenstunden in Erinnerung.“ Oftmals blieb er dem übrigen Unterricht fern, ging stattdessen ins Freie, um dort zu zeichnen oder zu malen. Darin, daß er diesem Bedürfnis nachgab, sich geltender Ordnung widersetzte, sogar bereit war, verdiente Strafe hinzunehmen, äußern sich Trotz und Willensstärke. Schon im Kindesalter wollte er zeigen, was er anstrebt und beweisen, was er kann.

Entscheidend geprägt ist seine Kindheit durch den Tod der Eltern. 1890 stirbt die Mutter nach der Geburt des sechsten Kindes, zwei Jahre später der Vater. Über die Beziehung des Sohnes zu seinen Eltern ist nicht viel bekannt, gar nichts über die zu seiner Stiefmutter - der Vater hatte 1891 wieder geheiratet -, die bereits nach fünf Monaten der Ehe von der Familie getrennt in Düsseldorf lebt. Trotz der widrigen familiären Umstände war es dem Kind möglich, seine Begabung zu entwickeln. In eigenen, im Alter gemachten Aufzeichnungen erwähnt Max Clarenbach das Verständnis des Vaters für die künstlerische Veranlagung seines Sohnes und das Interesse an seinen Zeichnungen. Zu Vollwaisen geworden, kamen die Kinder zu den Großeltern mütterlicherseits. Sie sorgten für die Enkelkinder und übernahmen - schon 71 bzw. 66 Jahre alt - die Aufgabe der weiteren Erziehung. Die Großmutter, einfühlsam dem Enkel zugetan, starb 1894. Besonders hilfreich gingen in der Familie auf den noch jungen Verwandten der Archäologe Constantin Koenen und eine seiner Schwestern ein, die als Lehrerin tätig war. Trotz aller Fürsorge und Zuwendung, die ihm entgegengebracht worden war, hatte er in der Erinnerung das Gefühl, seit seinem 12. Lebensjahr auf sich allein gestellt gewesen zu sein.

Mit 13½ Jahren zur Kunstakademie Max Clarenbach zeichnete den häuslichen Bereich, in und vor der Stadt, die um 1890 ca. 18.000 Einwohner zählte, besonders gern im Hafen. Ob ihm im Kindesalter Landschaft als Fluchtbereich erschien, in dem er Abstand zum Alltag, Ruhe und Freiheit suchte und fand, kann nur vermutet werden. Erst als er ihr Bild zum Gegenstand seiner Studien und seines angehenden künstlerischen Schaffens gewählt hatte, geht aus Tagebucheintragungen des Jugendlichen sein intensives Verhältnis zur Natur hervor. Zeichnungen des Dreizehnjährigen lassen erkennen, daß er sehr genau beobachtet und das jeweilige Motiv mit allen Einzelheiten festhält. Auf diese Weise sind einzelne Gebäude und Gebäudeensembles dokumentiert, die heute nicht mehr existieren: Ziegelbrandöfen bei Neuss, das Kanalwärterhaus an dem bei Grimlinghausen in den Rhein mündenden Nordkanal, oder solitär an exponierter Stelle gelegene Gehöfte bei Grimlinghausen. Jeder Zweifel an seiner Begabung wurde entkräftet, als Andreas Achenbach sich für ihn einsetzt und er, 13 ½ Jahre, mit dessen Fürsprache in die Elementar-Classe der Königlich Preußischen Kunstakademie in Düsseldorf aufgenommen wird. Dies war zu damaliger Zeit kein Einzelfall, wenn auch kein häufiger, den das Schulgesetz ermöglichte.

Wie an den meisten Akademien stand der Zeichenunterricht im Vordergrund. Max Clarenbach erinnert sich an die Zeit der sog. Gipsklasse, in der einfache Naturgegenstände gezeichnet, Zeichnungen von Köpfen, Händen und Füßen kopiert werden mußten: „Ich zeichnete Gipsköpfe, was zwar langweilig, aber höchst lehrreich war.“ Heinrich Lauenstein beurteilt den Fleiß des Schülers als „sehr gut“, sein Betragen als „musterhaft“. Oft fehlte ihm das Geld für die Bahnfahrt von Neuss nach Oberkassel und er mußte den täglichen Weg zur Akademie entweder rund 8 km über Oberkassel und die Alte Schiffsbrücke oder nach der Überfahrt bei Hamm von dort aus etwa 6 km zu Fuß zurücklegen. Durch handwerkliche Gelegenheitsarbeiten - etwa in Neuss in der Kartonagenfabrik seines Onkels - verdiente er neben dem Studium, in der freien Zeit, abends und während der Ferien, Geld als Beitrag zu den Kosten des täglichen Lebens, aber auch für Mal- und Zeichenmaterial. Zudem fanden sich in beiden Familien Helfer in finanzieller Not. Außer dem Großvater mütterlicherseits unterstützten ihn Verwandte väterlicherseits aus Berlin und Wien (die in Düsseldorf ansässigen Eltern seines Vaters waren schon 1883 bzw. 1888 gestorben). Seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre förderte der Neusser Kaufmann Franz Hesemann - Besitzer einer großen Ölsaaten-Agentur - den jungen Akademieschüler.

Aus den von seinen Studienfahrten, vor allem an seinen Großvater, aber auch die übrigen Geldgeber gerichteten Bettelbriefen und den in seinen Tagebüchern mehrfach wiederholten und umgeschichteten Aufstellungen geht hervor, wie knapp er meist bei Kasse war, wie vorsichtig er kalkulieren mußte und wie genau er über seine Ausgaben Rechenschaft ablegte. Der Vierzehnjährige beginnt ein Verzeichnis seiner verkauften bzw. als Gegengabe für erhaltene Unterstützung verschenkten Bilder mit dem Eintrag Alter Kranen mit Zollhaus und Münster, als Verkaufspreis notiert er 9 M. Porträts, die er nach Fotografien mit Kreide zeichnet, kann er für 6 M. verkaufen.

Von Constantin Koenen, den er bei seinen Grabungsarbeiten in Neuss und Grimlinghausen beobachtete, auch zeichnete, konnte Max Clarenbach lernen, daß sich Fleiß, Ausdauer und Genauigkeit bewähren, um ein gestecktes Ziel zu erreichen. 1929, in einem Brief zum 75. Geburtstag seines Onkels - den die Eltern seinem Wunsch entsprechend zunächst Bildhauerei und Zeichnen studieren ließen, ehe er sich der Archäologie zuwandte - schreibt er ihm rückblickend: „Bist Du es doch, der mich - künstlerisch - aus der Taufe gehoben, der mit klugem Verständnis immer da geholfen hat, wo es nötig war, und wenn es sein mußte ... mich zur Arbeit anhielt ...“

Eugen Dückers Landschaftsklasse Im Anschluß an die Vorbereitungsklasse des dritten Studienjahres, in der er bei Arthur Kampf im Antikensaal zeichnete und ihm „die Beine der Gipsgötter viel zu schaffen machten“, begann der Unterricht in der Maler-Schule. Auch hier wurde zunächst kopiert; dann erst folgte im Lehrplan Malen vor der Natur. So hielt sich der Fünfzehnjährige im Sommer zum ersten Mal zu Studien im holländischen Zeeland, auf der Halbinsel Walcheren in Vlissingen auf. „Nach abgelegten genügenden Proben seiner Befähigung wird dem Kunstschüler, der sich der Marinemalerei widmen will“, Anfang 1897 bescheinigt, daß er als „Eleve“ in die von Eugen Dücker geleitete Landschaftsklasse der Akademie aufgenommen wird. Im Unterschied zur Landschaftsmalerei, die Oswald Achenbach gelehrt hatte, interessierte seinen Nachfolgen nicht ein möglicher Bedeutungsinhalt der Landschaft, sondern ihr „Gesicht“. Er bevorzugte die einfache Form, die klare räumliche Ordnung, das ruhige Motiv gegenüber dem bewegten, dramatischen. Seh- und Malweise der Schule von Barbizon, besonders der von François Daubigny, hatten ihn in seiner eigenen Auffassung bestärkt, die Aufgabe des Malers darin zu sehen, Landschaft in ihrer Natürlichkeit bildmäßig zu erfassen.

Dücker hielt seine Schüler zu intensiver Naturbeobachtung und genauer Wiedergabe von Topographie und Lichtverhältnissen an. Max Clarenbach beschränkte sich aber nicht auf Beobachtung, er suchte auch das sinnenhafte, körpernahe Erlebnis. Nach einer dreiwöchigen Fahrt auf einem Lotsenkokker, während eines längeren Studienaufenthaltes auf Walcheren im Sommer 1897, schreibt er an Verwandte: „Ich war fast den ganzen Tag auf Deck, habe sogar Nächte mit an Deck gesessen, je höher die See ging, desto lieber weilte ich an Deck ... die See ist mein Leben.“

Auf ärztliche Verordnung seit Ende 1898 für mehrere Monate in Nervi an der levantinischen Riviera, vergleicht er den Süden mit dem ihm vertrauteren Norden. „Wenn Regenwetter ist, sieht hier alles so schauderhaft aus, daß man aus der Haut fliegen möchte, denn diese italienischen Motive ohne Sonne sind für mich etwas, wie man es sich härter und charakterloser kaum denken kann. Italien ist eben nur sonnig schön ... Zu Regenwetter, überhaupt zu grauen Tagen paßt nur eine echte nördliche Landschaft.“ Er findet seine Vorstellung, die er von Italien hatte, nicht bestätigt, vermißt „hier zu sehr eine fette Farbe und einen derben Ton ...“ Aus Holland, wo er sich im Sommer 1899 für zwei Monate in Egmond aan Zee, anschließend wieder auf Walcheren zu Studien aufhält, äußert er Franz Hesemann gegenüber, welche Stimmungen er ausschließt, welche ihn zu malen reizen; er schreibt: „...heute wieder einmal ein ganz gemeiner blauer Tag und an malen gar nicht zu denken“ und weiter: „Wir hatten in der letzten Zeit hier ein ganz herrliches Wetter, 8 Tage lang starken Nordwest-Sturm, Regen und Gewitter, daß es man bloß so krachte, jeden Augenblick eine andere Stimmung über See, einfach famos.“ 130 Studien und sieben größere, meist fertige Bilder innerhalb von drei Monaten lassen Begeisterung an der Arbeit und Fleiß erkennen.

Gleichzeitig „neben“ Dücker hatte Max Clarenbach in dessen ehemaligen Meisterschüler Gustav Wendling einen Privatlehrer gefunden. Sein Einfluß war zunächst so stark, daß Bilder beider Maler aus dieser Zeit nur schwer auseinander zu halten sind. Nachdem er selbst, vorzeitig und mit Erfolg seine Vorlage für den Meisterschüler eingereicht hatte, machte Wendling ihm zum Winter 1899/1900 das Angebot, an den Vorarbeiten für das Panorama Blüchers Übergang über den Rhein bei Caub im Jahr 1813 mitzuarbeiten, das er zusammen mit Hugo Ungewitter für die 1902 in Düsseldorf stattfindende Kunst- und Gewerbe-Ausstellung malen werde. Von Dücker befürwortet, erhielt er die Erlaubnis der Akademie. „800 qm, alles in Schnee, das ist so mein Fall.“

Auf der Ankündigung zu einer musikalischen Soirée bei Hesemanns in Neuss, im Frühjahr 1900, ist Clarenbach unter „12 Debuts“ als „Der kleine Max, Concertmaler. Malt Allen was.“ aufgeführt. Verschlüsselt kommentiert Oscar Boltze die Arbeit für das Panorama in seiner Vorstellung der einzelnen Debütanten: „Herr Clarenbach, Maler. - Auf Studienreise / Bemalt er die Leinwand quadratmeterweise. / Hier werden die Sachen ja nicht bezahlt / Drum werden die Bilder kleiner gemalt. / Ich meine die herrlichen kleinen Karten / des Tisches, gar zierlich, man kann darauf warten.“

Im Anschluß an eine Ausstellung in seinem ersten Atelier, das er 1900 in Düsseldorf gemietet hatte, beklagte er, daß er nichts verkaufen kann, lehnt es aber selbstbewußt ab, seine Bilder für Schundpreise an Kunsthändler abzugeben. „Das wäre das letzte, was ich thun würde ...Wenn ich meine Preise weiter so machen muß, kann es sein, daß der Künstler den Menschen bei Ankauf eines Bildes noch Schadenersatz zahlen muß“, notiert er ironisch anläßlich des Verkaufs einer Ansicht von Neuss für 150 M.

1901 äußert sich Max Clarenbach in einem Brief über seine Art zu arbeiten: „Man muß ganz allein sein, um wirklich ernst zu studieren. Ruhig an alles herantreten, viel beobachten und erst dann malen, wenn es nicht anders geht. Die Natur sagt alles, man muß sie nur ruhig ausreden lassen. Jeder Baum erzählt etwas. Es ist wunderbar, aber sehr schwer, das Erzählte festzuhalten und wiederzugeben.“ Selbstkritisch veranlagt, war er mit den Ergebnissen seiner Arbeit während einer Studienreise im Sommer nach Holland nicht zufrieden. „Je mehr ich arbeite, desto unzufriedener werde ich und immer mehr sehe ich ein, was für ein Kümmelfritze ich bin. Falls ich weiter so günstiges Wetter habe und arbeiten kann, wie bisher, werde ich noch manches totgeschlagenes Stück Natur mit nach Hause bringen.“ Bereits für Ausstellungen in Münster, Düsseldorf und Berlin gemachte Zusagen und angemeldete Bilder zieht er zurück, „weil mir dieselben nicht gut genug. Alles Kümmel.“ Seine Selbstkritik entmutigte ihn jedoch nicht, trieb ihn vielmehr an: „Ich muß arbeiten; ich werde auch arbeiten. Ich habe nichts, wenn ich nicht arbeite. Von Geschenken leben kann jeder. Ich werde thun, was ich kann, um mich selbst durchzuschlagen.“

Erster echter Clarenbach Nach dieser kritischen Phase erfuhr der junge Maler von kompetenter Seite Ermutigung. Auf der Deutsch-Nationalen Kunstausstellung 1902, einer der großen Ausstellungen in Düsseldorf, werden zwei Bilder von ihm ausgestellt, wird Der stille Tag von der Städtischen Galerie angekauft. Mit der Begründung, daß Werke, die noch während des „Schülerverhältnisses“ entstanden waren, bei der Vergabe von Staatsmedaillen nicht berücksichtigt werden durften, wurde ihm stattdessen vom Preisgericht für dieses Bild schriftlich die „vollste Anerkennung und Freude über die vortreffliche Leistung“ ausgesprochen. Eine frühere Fassung des Motivs vom Erftkanal vor dessen Erweiterung zum Hafenbecken 1, Winter im Canal betitelt und 1900 auf der Pfingstausstellung des Kunstvereins gezeigt, hatte er selbst als den „ersten echten Clarenbach“ bezeichnet. Eine weitere Anerkennung wurde ihm durch F. Luthmer zuteil, der zur Illustration seines Artikels „Die Farbe der rheinischen Landschaft“ - in der von Wilhelm Schäfer herausgegebenen Zeitschrift „Die Rheinlande“ - außer zwei Gemälden von Gustav Wendling, das Bild Blick auf Caub und Gutenfels des Zweiundzwanzigjährigen wählte.

Mit Ende des Wintersemesters 1902/03 verließ Max Clarenbach nach neunjährigem Studium die Aka-demie. Er heiratete die Düsseldorferin Alice Eitel und zog nach Bockum, wo er seit 1901 im Honnenhof im ehemaligen Atelier von Arthur Kampf arbeitete, der 1899 einem Ruf an die Akademie der Künste nach Berlin gefolgt war. Als einziger Schüler der Akademie zur Teilnahme an der 2. Großen Internationalen Aquarell-Ausstellung 1899 in Düsseldorf eingeladen, hatte er sich damals, im Herbst, für 14 Tage beim Fischerwirt Brand’s Jupp in Wittlaer einquartiert, der den Düsseldorfer Künstlern und Kunstschülern verständnisvoll zugeneigt war - in einem, wie er meinte, „kleinen Nest am Rhein, 10 Häuser groß, aber sehr malerisch“, um dort zu aquarellieren. Seit dieser Zeit entzündete sich Clarenbachs besondere Liebe zu der Landschaft zwischen Kaiserswerth und Bockum, vom Rhein landeinwärts bis Kalkum und Angermund, die er unzählige Male zeichnen, malen, radieren und lithografieren sollte.

Linksrheinisch fand er an der Erft und am Erftkanal Motive; u.a. dessen Mündung bei Heerdt, sowie eine dreibogige Steinbrücke über den kleinen Fluß und eine markante Partie bei Neuenhausen. Die Bilder mit den Titeln Winter an der Erft und Wintertag-Erft lassen Clarenbachs Interesse an einer perspektivischen Bildkomposition erkennen; die Fluchten der Flußufer und der säumenden Reihen von Schwarzpappeln - einem Charakteristikum der Landschaft des Niederrheins - geben den Bildern räumliche Tiefe, häufig verstärkt durch ihre Verdoppelung im Spiegelbild.

Weiterhin auf der Suche nach einer seiner künstlerischen Vorstellung entsprechenden Malweise, folgten Jahre der Auseinandersetzung mit den verschiedensten Stilrichtungen. Max Clarenbach probierte aus, was ihn reizte, eignete sich an, was ihm für die malerische Wiedergabe der vor der Natur empfundenen Impression als geeignet erschien, legte aber wieder ab, was doch nicht seiner Auffassung von Land-schaftsmalerei entsprach oder wenn er sich und - was er ebenso wollte - anderen gezeigt hatte, daß er auch in dieser Art malen konnte, ohne dies zu müssen.

In verhältnismäßig kurzen Abständen mehrfach wechselnd, orientierte er sich an der Haager Schule, um 1905 - in Zusammenhang mit seinem ersten Aufenthalt in Paris - an der Schule von Barbizon. Beide „Schulen“ widmeten sich der Darstellung von Landschaft als Kontinuum aus Topographie und Atmosphäre. Im Unterschied zu den französischen Malern, die sich für helles Licht begeisterten, leuchtende Farben bevorzugten und mit feinem Pinsel malten, befaßten sich die Niederländer mit der eher grauen, von Anton Mauve silbrig gesehenen Stimmung ihrer Landschaft und gaben diese mit breitem Pinsel wieder.

Von den Düsseldorfer Malern seiner Generation beeinflußten sich bei Motivwahl, Bildkomposition, Farbskala und Malweise gegenseitig Max Clarenbach und August Deusser (Meisterschüler Janssens), die seit der Akademiezeit befreundet waren, ferner Julius Bretz (nur kurze Zeit auf der Akademie, dann Schüler Liesegangs), Wilhelm Schmurr (Schüler von Janssen, Kampf, v. Gebhardt und Meyer) und Walter Ophey (seit 1904 Schüler von Dücker), der als der „Modernste“ von ihnen galt.

Clarenbachs charakteristischer Stil Nach Jahren suchender Beweglichkeit - gewissermaßen seiner Sturm- und Drangzeit - der Auseinandersetzung mit japanischen Holzschnitten, die er in großer Zahl bereits zu seinem zweiten Aufenthalt in Caub im Winter 1900/01 mitgenommen und eingehend studiert hatte, mit dem französischen Impressionismus, der Malerei des Jugendstils, mit der horizontal-parallelen Schichtung und der Flächigkeit der Landschaften Ferdinand Hodlers, mit Bildern von Giovanni Segantini, der Expressionisten und Fauves, fand Clarenbach - kontinuierlich entwickelt - schließlich zu dem sein Werk charakterisierenden Stil, in den er impressionistische und dekorative Aspekte einfließen ließ. Wie zufällig wirkende, aber ganz bewußt gewählte Landschaftsausschnitte sowie durch den Bildrand angeschnittene Bauwerke oder auch Bäume lassen außerdem auf Anregungen durch Bilder des Haager Jakob Maris und auf eigene Erfahrung mit der Fotogafie schließen.

1903 bis 1912 waren gleichzeitig Jahre großer Aktivität, was Max Clarenbachs Mitwirkung im Ausstellungsbetrieb betrifft. Seine Tätigkeit im Ausstellungsverband Düsseldorf begann 1904, als er, noch jung, aber bereits viel beachtet und mehrfach ausgezeichnet, Mitglied der Jury für die Interantionale Kunstausstellung in Düsseldorf wurde, die einen Überblick über das gesamte moderne Kunstschaffen geben sollte und in Düsseldorf bis zur Sonderbund-Ausstellung 1909 die einzige Ausstellung blieb, an der auch ausländische Künstler beteiligt waren. 1907 gehörte er der vorbereitenden Kommission und der Jury für die Deutsch-Nationale Kunstausstellung Düsseldorf an.

Ein Jahr später schloß er sich mit sechs gleichgesinnten ehemaligen Schülern der Akademie - Bretz, Deusser, Ophey, Schmurr und den Brüdern Alfred und Otto Sohn-Rethel - zusammen, um eine Ausstellung zu organisieren. Diese hatte zum Ziel, in die - nicht nur ihrer Meinung nach - erstarrte, zu sehr nach rückwärts orientierte Düsseldorfer Kunst Bewegung zu bringen. Den Rahmen dieser Sonderausstellung hatte der Wiener Baumeister Josef Maria Olbrich geschaffen, der in Darmstadt, seit 1908 auch in Köln und Düsseldorf tätig, Mitbegründer des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein und Mitglied der Kunstkommission für die Ausstellungen dieses Verbandes war, an denen Clarenbach seit 1904 teilnahm.

Gemeinsam mit dem Maler Fritz Westendorp und dem Architekten und Kunstgewerbler Hermann Billing übernahm er 1909 die Leitung des Kunstsalons in dem nach Plänen von Olbrich gerade fertig-gestellten Warenhaus Tietz an der Königsallee in Düsseldorf. Für das Konzept der Ausstellungen, die Auswahl der Künstler und deren Werke, Hängung und Aufstellung verantwortlich, war Max Clarenbach bestrebt, nicht nur Düsseldorfer, sondern allgemein „moderne“ - deutsche und internationale - Kunst zu zeigen.

Ganz ähnliche Vorstellungen wurden mit der einen Monat später in der Kunsthalle eröffneten ersten Sonderbund-Ausstellung realisiert, die Werke deutscher und französischer Künstler vereinte. Zu den sieben Malern der Sonderausstellung des Vorjahres waren Ernst de Peerdt und der Düsseldorfer, dem Künstlerkreis des Café du Dôme in Paris zugehörige Maler Otto von Wätjen, der Bildhauer Rudolf Bosselt und der Architekt, Graphiker und Buchkünstler Fritz Helmuth Ehmcke, beide Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf, als Gäste Christian Rohlfs und Max Liebermann hinzugekommen; von den französischen Impressionisten waren Cézanne, Monet, Pissaro, Renoir, Seurat, Signac, Sisley, Vuillard und Rodin, ferner van Gogh beteiligt.

Nicht die Kunstakademie, sondern die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf, in deren Räumen die ersten Gespräche der Gründungsmitglieder des Sonderbundes stattfanden, Schulen und Museen, Kunsthändler und Mäzene in Köln, Krefeld, Barmen, Hagen, Münster und Essen wurden zu Zentren und Förderern stärkerer Bewegung gegenüber der als konservativ geltenden Residenzstadt.

Sonderbund Westdeutscher Kunstfreunde Der im Anschluß an diese Ausstellung, die außer vom Barmer und Kölner Kunstverein, dem Landes-museum in Münster, auch von der Galerie Gurlitt in Berlin übernommen wurde, auf Initiative von Deusser und Clarenbach gegründete Sonderbund Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler hatte zum Ziel, moderne deutsche und internationale Kunst bekannt zu machen und die neuen Bestrebungen der Düsseldorfer Künstler nach außen zu tragen. Der Kunstvorstand, der auch die Jury ausübte, setzte sich aus den beiden Malern als „Vertreter der Künstler“, dem Kunsthistoriker an der Kunstgewerbeschule in Hamburg, Wilhelm Niemeyer und dem Direktor des Wallraf-Richartz-Museum in Köln, Alfred Hagelstange, als „Vertreter der Kunstfreunde“ zusammen. Während sich im übrigen Deutschland so revolutionäre, stilprägende Künstlergruppen wie Blauer Reiter, Brücke, Berliner Sezession bildeten, in Paris sich Kubismus, in Mailand Futurismus, in Rußland Suprematismus und in Holland de Stijl entwickelten, beschränkte sich der Westen Deutschlands auf die vermittelnde, verbindende Funktion, die anderenorts stattfindende Entwicklung vorzustellen.

Die negative Kritik der im ganzen lebhaften Reaktion auf die Bestrebungen des Sonderbundes gipfelte 1911 nach der dritten Ausstellung, die den Titel „Rheinische und französische Kunst“ trug, in dem von Carl Vinnen herausgegebenen „Protest deutscher Künstler“. Max Clarenbach ließ sich durch diese Äußerungen nicht irritieren, betonte in seiner Erwiderung, die mit denen anderer Künstler, von Kunsthistorikern und Sammlern zusammengefaßt als „Kampf um die Kunst“ veröffentlicht wurde, daß er nach wie vor unabhängig davon, wo es entsteht, alles Gute anerkennen und gelten lassen werde, falls es eine wahrhaft künstlerische Absicht erkennen ließe.

In seiner Eröffnungsansprache zur Internationalen Kunstausstellung des Sonderbundes 1912, die in Köln stattfand (da Düsseldorf sich weigerte, dem Unruhe stiftenden Bund weiterhin Raum zur Verfügung zu stellen), hatte Deusser die Absichten der Jury für diese Ausstellung, zu der, außer ihm und Clarenbach, Hagelstange und der Barmer Museumsdirektor Richard Reiche gehörten, vorgetragen: „Wir haben versucht zu unserer eigenen Orientierung, die wir Künstler sind, und zu Ihrer Belehrung, die Sie Freunde der Kunst sind, nicht das Gültige, Bekannte, Abgestempelte, sondern das Suchende, Ringende und Kommende der Malerei... zu zeigen. Da ist es denn selbstverständlich, daß viele gewohnte Vorstellungen von Kunst geändert und erweitert werden müssen...“

Mit seinem Engagement für diese Ausstellung, die international beachtet wurde und kunsthistorische Bedeutung erlangte, hatte Max Clarenbach seine Aktivität für eine von ihm mitangeregte und -getragene konzeptionelle Kunstpolitik beendet; zukünftig beschränkte er sich darauf, im Ausstellungsbereich organisatorisch mitzuwirken.

An Differenzen innerhalb der Jury, Unstimmigkeiten, Streitigkeiten unter den Vorstandsmitgliedern scheiterte der Sonderbund. Für 1913 und 1914 in München bzw. Frankfurt bereits geplante Ausstellungen wurden nicht mehr durchgeführt (offiziell löste sich der Sonderbund 1915 auf). Noch vor Beginn der letzten Ausstellung hatten Deusser und Clarenbach als Reaktion auf die ablehnende Haltung der Düsseldorfer Künstlerschaft gegenüber dem Sonderbund eine neue Gruppe gegründet, programmatisch „Die Friedfertigen“ genannt, an deren Ausstellung nur Düsseldorfer Künstler teilnehmen sollten. Auf diesen Schritt hin, der die Umkehr, die Rückkehr der beiden Maler in den Kreis markierte, aus dem sie couragiert und so erfolgreich hervorgetreten waren, trennte sich Ophey von den „Sonderbündlerisch-Friedfertigen“, wie Alfred Flechtheim, Schatzmeister des Sonderbundes, seinerseits vor allem von Clarenbach und Deusser, aber auch von Bretz und Schmurr enttäuscht und sich von ihnen distanzierend, diese nun bezeichnete.

Haus Clarenbach: Wohn- und Atelierhaus Abseits vom Feld kunstpolitischen Engagements, inmitten „seiner“ Landschaft, den Rheinauen mit Kopfweiden und Schwarzpappeln, Kittel- und Schwarzbach, zwischen Kaiserswerth und Wittlaer, schuf sich Max Clarenbach den so lang ersehnten häuslichen Fixpunkt, der ihm Geborgenheit und Unabhängigkeit gewährte. Nachdem er seit 1906 in Oberkassel gewohnt, vorübergehend auch in Düsseldorf ein Atelier gehabt hatte, wurde er 1908 mit seiner Frau und den Töchtern Inge und Melitta seßhaft. Haus Clarenbach - Wohn- und Atelierhaus in einem, nach Plänen seines Freundes Olbrich als erstes auf dem Deich bei Wittlaer oberhalb des Vorflutgeländes gebaut, heiter anzusehen durch die weißverputzten Mauern, das rote Ziegeldach und die beiden goldenen Kugeln auf dem Kamin, die weißen Linien und Flächen der Fenster und Türen, die gewellt geschnittenen Leisten der Giebel, die weiße Pergola, die beiden weißen Laternen und das weiße Törchen zum Heckenweg, dem heutigen Max-Clarenbach-Weg, gibt der Lebensart des Künstlers sichtbaren Ausdruck. Das „Häusel“, wie es der Architekt bezeichnete, das er selbst nur im Rohbau, zuletzt bei Hochwasser vom Kahn aus sah - er starb im August 1908 - wurde von den Verwandten väterlicherseits in Berlin mit- bzw. vorfinanziert; Zinszahlungen und Tilgung der privaten Hypothek waren gewährleistet durch den Verkauf von Bildern und den Kontrakt mit dem Warenhaus Tietz. Max Clarenbach, der aus kleinen und beengten Verhältnissen kam, führte hier nun mit seiner Frau Alice, nach deren Tod mit seiner zweiten Frau, Ellen Becker aus Duisburg, die er 1939 heiratete, ein Haus großen Stils; beschäftigte zeitweise mehrere Bedienstete für Haus und Garten.

Bei aller Hingabe an seine Malerei genoß er in vollen Zügen, was das Leben bot, wohl gerade deswe-gen, weil er sich als Kind und Jugendlicher so sehr hatte einschränken und auf vieles verzichten müssen. Er kleidete sich sportlich elegant, ließ sich einen Schneider aus London kommen und in seiner Umgebung fragte man: Was trägt der Clarenbach, wie trägt er es? Er aß und trank gerne gut, trank meist Bier - bei Brand’s Jupp „Salönke“, dazu einen Klaren mit Samtkragen“ - oder Champagner, seltener Wein, rauchte nahezu ohne Unterbrechung Zigarren, häufig Brasil, aber auch Pfeife. Er hatte kein Sitzfleisch, war ein guter Läufer und ein leidenschaftlicher Tänzer. Er ging lieber in den Zirkus als ins Theater; las wenig und wenn, dann meist Kriminalromane.

Zum „Bild“ vom Lebensstil des Malers gehört, daß er einen Chrysler fuhr; daß er das Jagdtrevier in den Rheinwiesen vor seinem Haus pachtete, obwohl er eigentlich nie schießen wollte, auch nicht traf, sich auf diese Weise aber andere Jäger aus seinem „Malrevier“ fernhalten konnte; daß er sich eine vollständige Anglerausrüstung anschaffte, obwohl ihm für diese Beschäftigung die nötige Geduld fehlte und er Fische nicht töten konnte; daß er regelmäßig in Köln Golf spielte, obwohl er kein guter Spieler war, während seine Tochter, die ihn begleiten mußte, ausgezeichnet wurde. „Golfspiel, nächst dem Malen meine Lieblingsbeschäftigung, ziehe ich sogar der Konversation mit dem gescheitesten Kunsthistoriker vor“, gegenüber denen er ohnehin eine kritische Einstellung hatte, denn sie schrieben manches, was er als Künstler nie gedacht.

Zeitgenossen schildern ihn als geselligen Menschen, als Wortführer, Alleinunterhalter, Anstifter. Er verstand es, kleine wie große Gesellschaften zu amüsieren, hatte als Einundzwanzigjähriger bereits versichert, „Leben für 10 zu machen“. Temperament, Schlagfertigkeit, Witz, Humor und Ironie, angeboren und trainiert, waren ihm zu eigen. „Wenn Deusser und Clarenbach zusammen waren, prasselte es nur immerfort von Witzen, so daß man kaum folgen konnte ...“, berichtet Ehmcke in seinen Lebenserinnerungen, und der Kulturpublizist Hermann von Wedderkop bezeichnet ihn in seinem 1928 erschie-nenen Buch „Was nicht im Baedecker steht“ als „den besten Zwischenrufer des Rheinlandes ..., d.h. Niemand ist in weiter Runde so schlagfertig wie er, Niemand macht so treffende und völlig unwiderlegbare Zwischenbemerkungen, besonders und erst recht, wenn schwere Kanonen ihre Stimme erheben.“

Clarenbach neigte zu „Rheinischer Übertreibung“, wenn es die Wirksamkeit des zu Erzählenden und damit die des Erzählers steigerte. Er hatte auch keine Scheu, Gehörtes bei passender Gelegenheit als Eigenes auszugeben und konterte einen entsprechenden Hinweis mit Koketterie, es aber doch noch besser vorgetragen zu haben. Großes Vergnügen bereitete er sich und anderen, wenn er etwa im Parkhotel zu Düsseldorf - als er dort längere Zeit wohnte - oder in einem von Wittlaer flußabwärts gelegenen Ausflugslokal den Kellner spielte und unerkannt Gäste bediente. Seine Schüler erinnern sich lebhaft an die geselligen Abende der Landakademien während der Sommersemester in Kalkar, wo er, der ungern allein blieb, manchen Ulk mitmachte oder selbst anstiftete. Als Mitglied des Künstlerkabarets „Morphium - Club“ trat er zusammen mit Rudolf Brüning, Richard Gessner, Hans Knubel, Werner Peiner, Wilhelm Schmurr und Hans Seyppel bei Festen im Düsseldorfer Künstler-Verein „Malkasten“ auf.

„Malerpoet des Niederrheins“ Während für Ehmcke das „leichte Element“ in Clarenbachs Lebensart, auch in seiner Malerei, vorherrscht, betont der Schriftsteller Herbert Eulenberg - in Kaiserswerth lebend, mit dem Maler befreundet - 1931 im Katalogvorwort zur Ausstellung „Skizzen und Erinnerungen“ im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf den „ernsthaften, besinnlichen, oft sogar schmerzlichen Kern“, der in ihm steckte, nicht von allen bemerkt, von manchen nicht einmal geahnt wurde. Hedda Eulenberg bezeichnet ihn in ihrer Selbstbiografie „Im Doppelglück von Kunst und Leben“ als den Malerpoeten vom Niederrhein, der auch sehr verträumt sein konnte“ und als Ausgleich vom gesellschaftlichen Leben Stille und Einsamkeit suchte.

Adäquat konnte sein Lachen, das von Herzen kam, natürlich und „erwärmend“ wirken, wie es den Essener Museumsdirektor Paul Borchardt beeindruckte und von ihm 1907 in der Einführung zur ersten Einzelausstellung im Museum der Stadt erwähnt ist, konnte humorig als Ausdruck eines freien, selbstbewußten Geistes, ironisch als Ausdruck des Schwebezustandes zwischen Zustimmung und Ablehnung oder konnte, wie Eulenberg schreibt, „köstlich“ sein. Zum 75. Geburtstag seines Onkels Constantin Koenen schreibt er ihm: „...die Welt, die voller Rindviecher steckt, bekommt dadurch erst ihren Reiz, und Gottseidank, wir sind Rheinländer genug, um, wenn es möglich ist, herzhaft lachen zu können und wir lachen beide so gern...“

Überraschenderweise stellte sich Max Clarenbach auf seinen Selbstporträts - vom frühesten aus dem Jahre der ersten Sonderbund-Ausstellung bis zu dem, von weiteren Zeichnugen abgesehen, letzten aus dem Jahr 1933 - ausnahmslos mit ernstem, verschlossenem, kritischem, leicht arrogantem, auch skeptischem Gesichtsausdruck dar; die Zigarre lässig im rechten Mundwinkel. Schüler erwähnen den „eisigen Mövenblick“ seiner hellblauen Augen, den er haben konnte, wenn er mit etwas nicht einverstanden war. Er duldete andererseits Widerspruch, war nicht nachtragend, behielt ohnehin immer Oberwasser.

Fotoatelier-Aufnahmen zeigen ihn korrekt gekleidet, im kompletten Anzug, den jungen Mann mit dunkler oder gestreifter hochgeknöpfter Phantasieweste, Hemden mit Steh- oder Umlegekragen, Krawatte oder gebundenem Halstuch; den Einundzwanzigjährigen im hellen Streifenanzug mit weißen Stiefeln und flachem Strohhut. Er trägt das braune Kopfhaar links gescheitelt und glatt gekämmt. Seit Jugend an betont ein kleiner Oberlippenbart die vollen Lippen; um den Mund der Anflug eines leichten Lächelns. „Schöner Mensch, was?“ fragte er selbstgefällig scherzend auf einer an Verwandte gerichteten Karte mit seinem Konterfei in der Uniform eines Gefreiten, nachdem er 1915 als Freiwilliger seinen Wehr-ersatzdienst als Rechnungsführer im Militär-Genesungsheim Krefeld-Hülserberg angetreten hatte.

In Max Clarenbachs Bildern kommt sowohl das Leichte, Heitere wie das Ernste, Besinnliche, Ver-täumte, mitunter zu Melancholie Neigende seines Wesens zum Ausdruck. Wenn wohl der Winter seinem Schaffen am meisten lag, so verstand er auch, Frühling, Sommer und Herbst in ihren charakteristischen Stimmungen wiederzugeben. Außer „stillen“ Bildern, geringer an Farbigkeit, aber reich an Farbabstufungen, entstanden Bilder in ungebrochenen leuchtenden Farben. Entsprechend wechselt der Duktus zwischen kleinen, kurzen und größeren, langgezogenen Pinselstrichen, auch Farbflächen, die voneinander abgesetzt, den Malgrund sichtbar lassen. Ab 1912 wirkt das angeborene malerische Temperament gezügelt. Obwohl, in Düsseldorf progressiv wirkend, für Westdeutschland einer der Wegbereiter der Moderne, auch noch nicht allgemein anerkannter Richtungen gewesen, ist Clarenbach als konservativ zu bezeichnen, was sein eigenes Werk als Ganzes betrachtet, anbelangt.

Das Atmosphärische im Mittelpunkt Unbeirrt von zeitgenössischen Strömungen und Kunsttheorien, denen das Bild der Natur unterworfen wird oder die auf dieses verzichten, beschäftigt ihn lebenslang die Darstellung von Landschaft in impressionistischer Sicht, die die Einwirkung von Licht und Luft auf Gegenstand und Farbe berücksichtigt. Abweichend von Dückers Lehre der bedingungslosen Verpflichtung und Objektivität gegenüber der Wirklichkeit, werden die Gewichte auf die Seite subjektiver Wahrnehmung verschoben. Wie für die französischen Maler steht für Max Clarenbach das Atmosphärische im Mittelpunkt der Beobachtung und der Wiedergabe im Bild - das Flimmern des Lichtes und das Vibrieren der Luft. Häufig malt er, auch über Jahre hinweg, das gleiche Motiv zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten.

Neben der flachen, weiten Landschaft - der Niederlande, Ost- und Nordfrieslands, der pommerschen Bucht bei Dievenow, des Niederrheins als zentralem Motiv - malte er im Westerwald, im Bergischen Land, im Ruhrtal, seit 1912 häufig im Sauerland, das ihm zeitweise, besonders während des letzten Weltkrieges zur zweiten Heimat wurde. Auch lockte ihn der Schwarzwald, der Rheinfall bei Schaff-hausen und der Starnberger See. Eine Überraschung waren seine ersten Blumenbilder aus dem nach Olbrichs Plan angelegten Garten seines Hauses, desgleichen erste Bilder aus dem Hochgebirge, die in der zweiten Ausstellung des Sonderbundes zu sehen waren. Im Verlaufe mehrerer Aufenthalte zwischen 1910 und 1914 im Oberengadin malte er in St. Moritz, aber auch am Fuße des Cambrena-Gletschers sowie auf dem 2453 m hohen Muottas Muragl. In den zwanziger Jahren zog es ihn in die österreichischen und bayerischen Berge, 1935 in nordische Länder.

Von Jugend an reizten den Maler immer wieder Architekturmotive: vor allem das Hafengebiet seiner Heimatstadt, ihre Silhouette vom Hafen und von der Wiese aus, Äußeres und Inneres des Quirinus-Münsters, das Bremer Rathaus, die Feste Marienburg in Würzburg, Park und Schloß von Veitshöchheim, die Seeseite von Lübeck und Frontseiten an Flüssen gelegener Städte. Auf Reisen malte er in holländischen und belgischen Städten, Schloß Hampton-Court bei London, in und bei Paris.

Zwischen 1923 und 1930 wurde die Liste der Bildmotive um Theater-, Sport- und Straßenszenen erweitert. Als Maler befand er sich unter den Zuschauern einer Manege oder eines Vorstadttheaters in Paris, einer Aufführung im Düsseldorfer Schauspielhaus, beim Golf- oder Tennisspiel oder bei Pferderennen in Neuss und Kleve. Für die Darstellung dieser Bewegungsmotive griff er auf eine skizzierende, temperamentvolle Malweise der Studien- und der Zeit des Sonderbundes zurück, deren schnelle Pinselführung und locker gesetzten Farbflecken der Bewegung des Spiels im Theater und auf dem Sportfeld oder des pulsierenden Lebens auf der Straße entspricht. In gleicher Art malte er die „Bevölkerung“ am Nordsee- und am Elbstrand bei Blankenese, die dadurch zur Staffage reduziert erscheint. Im Gegensatz zu diesen Bildern und zu denen vom Jardin de Luxembourg, Boulevard St. Germain und Montparnasse in Paris, auch der Königsallee in Düsseldorf, verrät die Darstellung der Menschen auf einem der Bilder vom Ehrenhof in Düsseldorf aus den zwanziger Jahren den Einfluß des Stils der Neuen Sachlichkeit, den auch Landschaftsbilder aus dieser Zeit, nahezu altmeisterlich sehr genau dargestellt, erkennen lassen.

Früh gemachte Erfahrungen mit großen Bildformaten wie dem Stillen Tag (1902, 180 x 230 cm), Dämmerung, Neusser Hafen (1904, 170 x 200 cm), Mondnacht (1903, 250 x 150 cm) oder dem Wandbild Neuss vom Rennplatz aus (1905, 200 x 400 cm) im Stadtverordneten-Sitzungssaal des Neusser Rathauses (im Zweiten Weltkrieg während eines Luftangriffes vernichtet) und die Mitarbeit an den Vorarbeiten zum Blücher-Panorama machen verständlich, daß Max Clarenbach sich 1909 um einen Auftrag für Wandbilder in der Amtswohnung des Regierungspräsidenten im Neubau der Königlich Preußischen Regierung zu Düsseldorf bewarb. Bei dieser Aufgabe ging es darum, zu zeigen, daß er - nach seinen eigenen Worten - „im Stande ist, Bilder von äußerst ungewöhnlich großen Abmessungen zu beherrschen ... und seinen Ruf als Landschaftsmaler noch zu vergrößern“. Dem ersten Auftrag für zwei über fünf Meter breite Bilder - Leinwand auf Rahmen gespannt und vor die Wand montiert - mit „charakteristischen Landschaften des Bezirkes Düsseldorf“ folgen weitere, kleinere auf etwa 12 lfm (1911-18).

Auch für die 4 Meter hohen Gobelins im Speisesaal der „Bremen“ des Norddeutschen Lloyd (1928/29), dem raumhohen Gobelin im Frühstückszimmer des Hotels Haus Rechen in Bochum (1929), ferner die Gobelins und Gobelinbilder für Bauten des Heeres und der Luftwaffe (ab 1937) wählte er Landschaftsmotive. Bilder solcher Ausmaße wurden von ihm mit dem Zusatz „dekorativ“ versehen und so als auf größeren Abstand hin wirkungsvoll gemalt charakterisiert; statt naturnah wiedergegeben sind Details vereinfacht, sind Bäume sterotypisiert, Berge und Wasser stilisiert - von ornamentaler Wirkung.

Kriegsmaler in Russisch-Polen Ein einziges Mal befaßte sich Max Clarenbach mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis. Während des Ersten Weltkrieges malte er - als sog. Kriegsmaler - zu Beginn des Jahres 1916 in Slonim. Da sich zu dieser Zeit die Front in Russisch-Polen bereits weiter ostwärts befand, erlebte er nicht selbst das Geschehen am Kriegsschauplatz; er malte vielmehr Zustände als Folge der Kampfhandlungen im September 1915 oder einfach „reine“ Landschaft. Thematisch wie stilistisch brachten die Bilder vom Krieg keinen Bruch in das Gesamtwerk. Auch bei diesen steht die malerische Wirkung im Vordergrund, blieb Clarenbach bei seiner impressionistischen Art der Darstellung, dem Duktus der raschen Pinselführung. Der Vergleich einiger Motive mit Situationsfotos ergibt, daß der Maler bei der Wiedergabe des Gesehenen mit der Genauigkeit eines Chronisten vorging.

Als Landschafter, wie er sich bezeichnete, ließ er sich vom bewegten Zeitgeschehen nicht irritieren. Das Landschaftsmotiv behielt für ihn seinen Selbstzweck, auch dann, wenn er sich zeitweise an Malweisen orientierte, durch deren Art das Landschaftsbild reaktionär zum künstlerischen Ausdruck gegnüber politischen und sozialen Veränderungen geworden war oder propagandistisch Ideologien dienen sollte.

Zeitlebens bleibt Max Clarenbach seiner Arbeitsauffassung und -weise treu. Fleiß und Gewissen-haftigkeit, Pflichtbewußtsein und Ordnungsliebe waren ihm zu eigen und er forderte sie als Lehrer, nachdem er 1917, nach Dückers Tod, als dessen Nachfolger - zu dem er selbst ihn noch bestimmt hatte - an die Akademie berufen und ihm die Leitung der Klasse für Landschaftsmalerei übertragen worden war. Dies geht deutlich aus dem Vergleich von Tagebucheintragungen und Briefen des Jugendlichen mit den 1930 an einen Schüler geschriebenen, aber für alle, die er bis 1945 zu betreuen hatte, gültigen „Empfehlungen“ hervor.

„Vorbedingungen“, ein Bild zu malen, waren für ihn: „Begeisterung“ für eine Idee oder ein Motiv, ferner „gedankliche Verarbeitung“, Studium von Strukturen mittels Zeichnungen und das „bewußte Erfassen von Farbtönen“. Ein durch genaue Beobachtung entwickeltes und geübtes Erinnerungsvermögen und Farbengedächtnis ermöglichten es (ihm), sich - mit Hilfe nur flüchtiger Skizzen vor der Natur - Stimmungen zurückzurufen und noch nach Monaten ein Bild im Atelier zu malen. Wie sich andererseits der Maler im Freien einzurichten wußte, um draußen, bei Wind und Wetter ein großes Bild zu malen, das zeigt Wilhelm Schmurrs bekanntes, im Rathaus zu Neuss hängendes Gemälde Max Clarenbach bei der Arbeit (1907).

„Gut gezeichnet ist halb gemalt“ Als Lehrer „empfahl“ er, was für ihn selbst galt: „Kühn und sicher aufzeichnen, so daß noch alle Lust zur Malerei erhalten bleibt; gut gezeichnet ist halb gemalt. Mit der Malerei an einem Tag beginnen, den man ganz vor sich hat ... Wenig Farben, wenig Pinsel. Alle Formen mutig mit dem vollen Pinsel hinsetzen, breit und flächig, nicht mit dem Pinsel Konturen zeichnen, das wäre absolut falsch. Jeder Pinselstrich hat etwas auszudrücken, nie übermalen. Dazu gehören Konzentration und große Freude an der Sache.“ Aber wie sein Lehrer ihm keinen bestimmten Stil aufgezwungen hatte, ließ Clarenbach jedem seiner Schüler seine Eigenart, wenn eine solche zu erkennen war und diese es ermöglichte, das Wesentliche eines Natureindrucks künstlerisch zu erfassen.

Er malte schnell und meist nur einen, höchstens zwei Tage an einem Bild. „Zu viel Zeit verdirbt die meisten Bilder“ war seine Ansicht, die er als Leitsatz an seine Schüler weitergab. Der Meinung, daß er selbst zu lange an einem Bild gearbeitet habe, kommentierte er mit den Worten „zu viel gedückert“. Er ließ damit später geringfügige Kritik an seinem von ihm sonst so verehrten Lehrer anklingen, dessen Forderung, ein Bild müsse „richtig und fertig“ sein, auch Otto Modersohn - 1887/88 Dückers Schüler - für eine der unkünstlerischsten Maßgaben hielt.

Die anhaltende Beachtung und Anerkennung, die Max Clarenbach auch über Deutschlands Grenzen hinaus als Maler fand, beruhen nicht nur auf seinem künstlerischen Können, sondern ebenso auf seinem Geschick im Umgang mit Menschen - Galeristen, Sammlern, Museumsdirektoren, Auftraggebern - und im Verhalten gegenüber den jeweiligen Zeitumständen. Schon als Student hatte er erste Einladungen zu den Ausstellungen des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf, des Kunstvereins in Berlin und zur Großen Berliner Kunstausstellung erhalten. Es folgten weitere zur Münchner Jahres-Ausstellung im Glaspalast, zu den Jahres-Ausstellungen im Künstlerhaus Wien - 1903 erhielt er dort für den Stillen Tag die österreichische goldene Staatsmedaille -, 1905 der International Society of Sculptors, Painters and Gravers in London, 1906 dann zur ersten Ausstellung Deutscher Gemälde der Gegenwart in den USA und von 1907 an zu den Anual Exhibitions des Carnegie Institute Pittsburgh.

Die Reihe der institutionellen Ankäufe begann der Berliner Kunstverein 1898 mit dem Bild In den Dünen (auf dem Hans Kohlschein die Figuren malte); 1902 erwarb die Städtische Galerie Düsseldorf den Stillen Tag, 1907 Hugo v. Tschudi den Abendstern für die National-Galerie Berlin ... Seit 1902 entwickelte sich der Kontakt zum Sammler, späteren Kunsthändler und Galeristen Alfred Flechtheim, durch den er in Paris Daniel-Henry Kahnweiler kennenlernte, der die Bilder französischer Maler für die Sonderbundausstellung vermittelte; ab 1904 wurde Max Clarenbach in Düsseldorf durch Anton Vollmer, ab 1905 gleichzeitig Max Weinberg, schließlich ab 1916 durch Georg Paffrath vertreten.

Liebe zur Natur und Niederrheinlandschaft Immer fand er seine Kundschaft. So hatte er bereits als junger Maler in den Jahren 1904-09 Jahresein-nahmen von 20-25.000 M, nahm 1916 für 110 Bilder 60.000 M ein. Bis zum 40. Lebensjahr verkaufte er rund 1150 Bilder. Da weitere 32 Schaffensjahre folgten, über die keine Aufzeichnungen vorliegen, läßt sich der Umfang seines Werkes nur erahnen.

Die Beliebtheit der Winterbilder - von Neuss, aus Holland, vor allem vom Niederrhein - und ein gesunder, ererbter kaufmännischer Sinn führten dazu, daß er die „gängigen“ Motive wiederholt malte, mit ihnen das Hauptgeschäft machte und daraufhin einengend als Maler der „Weißen Bilder“ galt, heute vielfach noch gilt und dementsprechend gehandelt wird.

Da Clarenbach als Künstler im Dritten Reich auch von offizieller Seite Zustimmung gefunden hatte - nachdem er zunächst 1933 mit der Begründung „als Jugenderzieher wegen charakterlicher Bedenken vom Untersuchungsausschuß beanstandet“ auf der Liste für eine eventuelle Entlassung vorgeschlagnener Lehrkräfte gestanden hatte und 1937 bei der Neuordnung der Kunstsammlungen in Düsseldorf zunächst der Gruppe von Malern zugeordnet worden war, die sich an einer dem Impressionismus verbundenen Malweise orientierten und daher abgelehnt wurden - geriet er nach dem Zusammenbruch des Regimes, zu dem er aber - nach Aussagen zuverlässiger Zeitzeugen, unter ihnen auch ehemaliger Schüler - keine innere Beziehung gehabt hatte, zunächst ein wenig in den Schatten. So meinte er im Jahre 1952, kurz vor seinem Tod: „Keiner weiß, wer Max Clarenbach war.“ Doch wer seinem Wesen näher kommen will, dem gelingt dies bei der Betrachtung seiner Bilder. Das malerische Werk erweist sich - alle künstlerischen und politisch-sozialen Umbrüche der Zeit überbrückend - kontinuierlich als Ausdruck einer tief gegründeten Beziehung zur Natur und anhaltender Liebe zur niederrheinischen Landschaft.

Dietrich Clarenbach