Hermann A. Raddatz, Künstler sehen Wittlaer

Hermann A. Raddatz (1906-1962)
"Landschaft mit Haus und Kirchturm" (Ansicht vom Rhein aus), Aquarell, 47 x 65 cm, um 1951, Privatbesitz


Wie durch einen nebeligen Schleier erblickt der Betrachter die von Hermann Raddatz wiedergegebene Ansicht der in unmittelbarer Nachbarschaft von St. Remigius stehenden Gebäude wie dem Melbeckshof auf der linken sowie Brands Jupp auf der gegenüberliegenden Seite. Am rechten Bildrand schließt der Kirchturm durch seine bis zum oberen Bildrand reichenden Größe die Darstellung formal als massiver Blickpunkt ab und wird dabei noch durch seine helle Farbgebung akzentuiert. Alle anderen Bilddetails des Aquarells sind zunächst nur als Farbflächen erkennbar und können erst, nachdem sich der Betrachter eingehender mit dem Motiv auseinandersetzt hat, zu einem abbildhaften Zusammenhang ergänzt werden. Der Grund dafür liegt in dem Malgrund, der vom Künstler stark durchnäßt wurde und damit die Ränder der Aquarellfarben stark auslaufen und sich verflüchtigen ließ. Der optische Eindruck wird daher in erster Linie durch kaum strukturierte Farbflächen erzeugt, die scheinbar auf einer Ebene nebeneinandergesetzt wurden, um miteinander in Beziehung zu treten. Erst die intensive Beobachtung des Werks ermöglicht eine zweidimensionale Staffelung, wobei die im Hintergrund stehenden Gebäude einen wichtigen Anhaltspunkt bilden. Auch hier wird nur der Ortskundige die urbane Situation in Wittlaer wiedererkennen können, da Hermann Raddatz keineswegs eine originalgetreue Wiedergabe des Gesehenen anstrebte. Es handelt sich vielmehr um eine künstlerische Interpretation eines realen Landschaftsausschnittes unter koloristischen Prämissen. Der horizontalen Wirkung des gewählten Querformates setzte der Künstler an den Bildrändern starke vertikale Akzente entgegen, die in Gestalt der Bäume auf der linken und des Kirchturms auf der rechten Seite sogar noch vom oberen Bildrand angeschnitten werden. Die Staffelung aller Bildelemente scheint dabei vom linken Bildrand auszugehen und sich kontinuierlich zur rechten Bildseite fortzusetzen, wobei die Kirche den fernsten Punkt markiert. Raddatz gab seiner Darstellung unter Berücksichtigung der natürlichen Blickrichtung des Betrachters eine kontinuierliche Tiefendimension.