Cornelius Wagner, Künstler sehen Wittlaer

Cornelius Wagner (1870-1956)
"Blick auf Kaiserswerth", 1936, Öl/Lw., 33 x 48,5 cm


Von einem erhöhten Standpunkt aus gibt Cornelius Wagner eine Ansicht der Niederrheinlandschaft, von Wittlaer in Richtung Kaiserswerth schauend, wieder. Der Betrachter erkennt als markantes Detail am Horizont die Türme der ehemaligen Stiftskirche St. Suitbertus. Genau auf der Mittelachse und dem Goldenen Schnitt liegend werden diese, mit wenigen Pinselstrichen angedeutetern Kirchtürme, zum eigentlichen Bildzentrum. Der Strom, welchem ein breiter Raum im Gemälde zuerkannt wird, führt den Blick des Betrachters in bewegter Linie gleichsam auf den höchsten Punkt dieses Bauwerks zu. Neben der Einmündung des Schwarzbachs, die im Bildvordergrund wiedergegeben ist, bildete der Künstler auch einen bis in die 40er Jahre aufrechterhaltenen Anlegesteg für Schiffe der Köln-Düsseldorfer Linie ab, wie sie heute noch am Düsseldorfer Rheinufer zu sehen sind. Ein Dampfschiff bewegt sich rheinaufwärts in Richtung Düsseldorf. Die Seefahrt, das Meer und alle Bildelemente, die damit zusammenhängen, waren für Cornelius Wagner zeit seines Lebens von großem Interesse. Bereits in seiner Studienzeit malte er mit Vorliebe Fischerdörfer, die er in Schottland und England kennenlernte und konnte seine favorisierten Bildmotive im Laufe der nächsten Jahrzehnte derart meisterlich wiedergeben, daß er für mehrere bedeutende öffentliche Aufträge in Stettin und Berlin herangezogen wurde. Ab 1906 lebte der Künstler in Kaiserswerth und widmete sich hier auch intensiv der niederrheinischen Landschaft. Walter Ophey (1882-1930) "Beim Brands Jupp", Öl/Lw., 51 x 50 cm, um 1905, Kunstmuseum Düsseldorf Drei Bäume, die auf einer Wiese in der Nähe von Brand's Jupp standen, machte Walter Ophey zum Mittelpunkt seines Gemäldes. Im Hintergrund kann der Betrachter am linken Bildrand das Kirchengebäude von St. Remigius, welches zusammen mit angrenzenden Häusern den Horizont verstellt, erkennen. Ins Auge fällt sofort die vollkommen andere Naturauffassung des Künstlers, der sich damit von den hier bereits besprochenen Werken nachhaltig absetzt. Hier wird nun nicht mehr die für Wittlaer so charakteristische Ruhe und Beschaulichkeit in Einklang mit der formalen Gestaltung gebracht, sondern die Ausdruckskraft des im Zentrum stehenden Bildgegenstandes zum Stimmungsfaktor für die Gesamtkomposition gemacht. Die drei knorrigen Kopfweiden scheinen die von ihnen ausgehende Vitalität, welche in der Darstellung der nur in die vertikalen Richtung strebenden Äste ihren nachhaltigste Ausdruck findet, auf alle andern Bildelemente, die sie umgeben, zu übertragen. Künstlerisch umgesetzt ist diese geradezu nervöse, wie Flammen emporlodernde Bildsprache durch schnell gesetzte, kurze Pinselstriche, mit denen der Künstler eine Vielzahl von kontrastierenden Farben neben und übereinandersetzte, um damit den Eindruck von starken Bewegungen hervorzurufen. Auffällig ist in dieser Hinsicht, daß Ophey zur Erzeugung dieses Eindrucks die Pinselstriche, ähnlich wie die zum oberen Bildrand wachsenden Weidenäste fast ausschließlich in vertikaler Richtung setzte. Anders als horizontal angelegte Farbzeichen bergen diese ein ungleich stärkeres Bewegungsmoment in sich. Bemerkenswert ist weiterhin die identische Farbgebung des im Bildvordergrund dargestellten Erdbodens mit jener der drei Bäume, die lediglich in ihrem oberen Bereich dunklere Töne erhalten. Die dabei im Bildvordergrund auf der Mittelachse der Darstellung stehenden Weide teilt sich im Kronenbereich in zwei starke Äste und wirft in Verbindung mit dem hinteren Baum zum Kirchengebäude einen Schatten, welcher an eine gekreuzigte Person erinnert. Kaum ein anderes Gemälde, das Impressionen aus Wittlaer wiedergibt, ist in seiner Ausdruckskraft derart expressiv, wie das beschriebene. Zum zentralen Anliegen für den Künstler wurde hier die Farbe, die Möglichkeit ihrer Kombinationen und deren Wirkung auf den Betrachter. Diesbezüglich bedeckte Ophey auch jeden Quadratzentimeter der Leinwand von mehreren unterschiedlichen Farbwerten, die einander ähnlich, aber auch konträr sind. Besonders deutlich wird dies an den Farben, welche den Himmel wiedergeben. Nur durch das Wirrwarr der Äste erkennbar schuf ihn der Maler zwar mit Hilfe einer Vielzahl von Blau- und Weißtönen, jedoch entsteht auch der Eindruck, als würden sie die geradezu auflodernden und flackernden Äste trennen, damit sie nicht zu einer Einheit zusammenwachsen. Walter Ophey war als Mitbegründer der Künstlergruppen "Niederrhein" (1907) und "Sonderbund" (1908) deren progressivster Vertreter und entwickelte im Laufe seines Schaffens eine eigenständige Variante des rheinischen Expressionismus. In Düsseldorf wurde der Künstler von dem Galeristen Alfred Flechtheim maßgeblich gefördert, der ihm 1914 und 1920 Einzelausstellungen ermöglichte und mit dazu beitrug, daß Ophey heute zu einem der bedeutendsten Düsseldorfer Künstler der Klassischen Moderne zählt.