Walter Ophey, Künstler sehen Wittlaer

Walter Ophey (1882-1930)
"Beim Brands Jupp", Öl/Lw., 51 x 50 cm, um 1905, Kunstmuseum Düsseldorf


Drei Bäume, die auf einer Wiese in der Nähe von Brand's Jupp standen, machte Walter Ophey zum Mittelpunkt seines Gemäldes. Im Hintergrund kann der Betrachter am linken Bildrand das Kirchengebäude von St. Remigius, welches zusammen mit angrenzenden Häusern den Horizont verstellt, erkennen. Ins Auge fällt sofort die vollkommen andere Naturauffassung des Künstlers, der sich damit von den hier bereits besprochenen Werken nachhaltig absetzt. Hier wird nun nicht mehr die für Wittlaer so charakteristische Ruhe und Beschaulichkeit in Einklang mit der formalen Gestaltung gebracht, sondern die Ausdruckskraft des im Zentrum stehenden Bildgegenstandes zum Stimmungsfaktor für die Gesamtkomposition gemacht. Die drei knorrigen Kopfweiden scheinen die von ihnen ausgehende Vitalität, welche in der Darstellung der nur in die vertikalen Richtung strebenden Äste ihren nachhaltigste Ausdruck findet, auf alle andern Bildelemente, die sie umgeben, zu übertragen. Künstlerisch umgesetzt ist diese geradezu nervöse, wie Flammen emporlodernde Bildsprache durch schnell gesetzte, kurze Pinselstriche, mit denen der Künstler eine Vielzahl von kontrastierenden Farben neben und übereinandersetzte, um damit den Eindruck von starken Bewegungen hervorzurufen. Auffällig ist in dieser Hinsicht, daß Ophey zur Erzeugung dieses Eindrucks die Pinselstriche, ähnlich wie die zum oberen Bildrand wachsenden Weidenäste fast ausschließlich in vertikaler Richtung setzte. Anders als horizontal angelegte Farbzeichen bergen diese ein ungleich stärkeres Bewegungsmoment in sich. Bemerkenswert ist weiterhin die identische Farbgebung des im Bildvordergrund dargestellten Erdbodens mit jener der drei Bäume, die lediglich in ihrem oberen Bereich dunklere Töne erhalten. Die dabei im Bildvordergrund auf der Mittelachse der Darstellung stehenden Weide teilt sich im Kronenbereich in zwei starke Äste und wirft in Verbindung mit dem hinteren Baum zum Kirchengebäude einen Schatten, welcher an eine gekreuzigte Person erinnert. Kaum ein anderes Gemälde, das Impressionen aus Wittlaer wiedergibt, ist in seiner Ausdruckskraft derart expressiv, wie das beschriebene. Zum zentralen Anliegen für den Künstler wurde hier die Farbe, die Möglichkeit ihrer Kombinationen und deren Wirkung auf den Betrachter. Diesbezüglich bedeckte Ophey auch jeden Quadratzentimeter der Leinwand von mehreren unterschiedlichen Farbwerten, die einander ähnlich, aber auch konträr sind. Besonders deutlich wird dies an den Farben, welche den Himmel wiedergeben. Nur durch das Wirrwarr der Äste erkennbar schuf ihn der Maler zwar mit Hilfe einer Vielzahl von Blau- und Weißtönen, jedoch entsteht auch der Eindruck, als würden sie die geradezu auflodernden und flackernden Äste trennen, damit sie nicht zu einer Einheit zusammenwachsen. Walter Ophey war als Mitbegründer der Künstlergruppen "Niederrhein" (1907) und "Sonderbund" (1908) deren progressivster Vertreter und entwickelte im Laufe seines Schaffens eine eigenständige Variante des rheinischen Expressionismus. In Düsseldorf wurde der Künstler von dem Galeristen Alfred Flechtheim maßgeblich gefördert, der ihm 1914 und 1920 Einzelausstellungen ermöglichte und mit dazu beitrug, daß Ophey heute zu einem der bedeutendsten Düsseldorfer Künstler der Klassischen Moderne zählt.