Heimat-Jahrbuch 2003

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Kunst und Technik

Verschollene Industriebilder von Cornelis de Waal gesucht

Zum 50. Todestag von Cornelis de Waal (1881 – 1946) zeigte das MUSEUM KAISERSWERTH 1996 eine umfangreiche Retrospektive des Malers, der 1881 in Amsterdam geboren wurde, lange Jahre in Angermund wohnte und dort 1946 starb. Die Besucher der Ausstellung waren damals beeindruckt von der Vielfalt seiner Bilder, deren Motive Landschaften (besonders Hafenansichten), Stilleben und Porträts umfassen. Für die angewandten Techniken gilt ähnliches: Cornelis de Waal malte in Öl, Aquarell und Pastellfarben. Grafische Arbeiten kamen hinzu. Ein Themenbereich von de Waals Werk konnte in der Ausstellung von 1996 aber nur angedeutet werden: seine Industriebilder. Sofern es sich um monumentale Wandbilder handelt, kann man den Grund ahnen: Diese Bilder wurden im Krieg zerstört. Die Kenntnis von anderen de Waalschen Industriebildern ist leider noch sehr lückenhaft, da neben einigen Originalen nur wenige Reproduktionen dieser Werke erhalten sind. Es ist ein Anliegen dieses Artikels im Wittlaerer Jahrbuch, möglichst viele weiterführende Hinweise aus dem Kreis der Leser zu bekommen.

Der aktuelle Stand der Recherche sei hier kurz skizziert: Erst 1995 tauchten Reproduktionen, Studien und Zeichnungen von Industriebildern im Nachlaß de Waals auf, den der Sohn des Malers Joost de Waal in Düsseldorf verwaltete. Bei den Reproduktionen handelte es sich um Postkarten, Werbeflugblätter oder Katalogbeiträge, die von großen Industriefirmen wie Hydraulik und DEMAG aus Duisburg, Stahl & Droste, Grafenberger Walzwerk und Schiess Defries aus Düsseldorf, Hugo Stinnes in Mülheim oder Siempelkamp in Krefeld veröffentlicht worden waren. Durch die damaligen Aufrufe in der Presse und in Fachmagazinen bestätigte sich sein Wirken in Sachen Industriemalerei. Über zweihundert Bilder konnten durch diese Aufrufe ermittelt werden, darunter auch immer wieder Industriebilder. Kurioserweise sind bis auf zwei Ausnahmen die reproduzierten Bilder bis heute nicht im Original aufzufinden. Anfragen bei Firmen, Industriemuseen und Galerien in ganz Deutschland hatten nur mäßigen Erfolg.

Der Zufall half, der Industriemalerei de Waals auf die Spur zu kommen. So konnte ein Professor der Bergischen Universität in Wuppertal, der in seiner Datenbank, die sich ausschließlich mit Industriemalerei befaßt, mit zwei wichtigen Informationen weiterhelfen. Hiernach ist belegt, das von de Waal 1921 ein Industriebild mit dem Titel „Im Stahlwerk“ in: Das Werk, Monatsblätter der Rheinelbe-Union veröffentlicht wurde. Hiermit konnte die Annahme widerlegt werden, daß de Waal erst in den 30er oder gar 40er Jahren mit der Industriemalerei begonnen hat. Da kaum Aufzeichnungen über das Werk von de Waal existieren, sind Ortsangaben und Datierungen der Werke mitunter schwierig. Unterstrichen wurde der frühe Beginn der Industriemalerei auch durch einen Tagebucheintrag de Waals aus dem Jahre 1914, der eine genaue Schilderung des Besuchs der Zeche Heinrich in Essen beschreibt und der mit zahlreichen kleine Federzeichnungen versehen ist. Der zweite Hinweis waren die Wiedergaben von zwei Gemälden in dem Buch der Firma DEMAG aus dem Jahr 1965 „Lastenförderung durch fünf Jahrtausende“. Hier wurden die Bilder „Motorschiffe Matthias Stinnes und Mülheim-Ruhr der Reederei Hugo Stinnes“ und das Bild „Erzverladebrücke“ veröffentlicht.

Der Zufall hilft!
Dem guten Erinnerungsvermögen eines Verwandten de Waals verdanken wir den Hinweis auf ein Wandgemälde, das vor dem 2. Weltkrieg im Essener Hauptbahnhof den Eingangsbereich zierte. Im Archiv der Stadtbildstelle Essen fand sich tatsächlich ein Foto, das die Eingangshalle des Essener Hauptbahnhofs zeigt und im Hintergrund das Wandgemälde mit einer Szene aus dem Untertagebau. Außerdem fand sich ein Foto von de Waals Atelier, in dessen Hintergrund ein Entwurf zu diesem Wandgemälde zu sehen ist. Des weiteren fanden sich in der Firmenchronik von 1942 der Düsseldorfer Werkzeugmaschinenfabrik Schiess Defries drei weitere Abbildungen von Werkzeugmaschinen, die von dieser Firma gebaut worden sind und von de Waal „porträtiert“ wurden, um als Farbabbildung in diesem Jubiläumskatalog einen Platz zu finden.

Im letzten Jahr half der Zufall ebenfalls, als zu der Ausstellung zum 120. Geburtstag von de Waal eine Ausstellung im Bürgerhaus Angermund veranstaltet wurde. Im Vorfeld zur Ausstellung waren wieder Aufrufe in der Presse veröffentlicht worden, die auch diesmal zahlreiche unbekannte Bilder zutage brachten. Bei einer dieser Besichtigungen stellte sich heraus, daß die Besitzerin eines Aquarells ihrem Sohn ein kleines Ölbild ihrer damaligen Firma in Düsseldorf vermacht hatte. Auf die Nachfrage, um welche Firma es sich handeln würde, fiel der Name „Grafenberger Walzwerk“. Endlich war diese Lücke auch geschlossen. Der Name der Firma war nicht unbekannt, da er auf einer Verlustliste aus dem Jahre 1946 auftauchte, die von den Hinterbliebenen de Waals aufgestellt werden mußte, da zahlreiche ausgelagerte Bilder kurz nach dem Krieg in einen Stollen bei Velbert vernichtet worden sind. (Das Grafenberger Walzwerk stand dort, wo heute die METRO in Düsseldorf-Rath steht und wurde in den 60er Jahren abgerissen.)

So also steht es mit den Nachforschungen zu de Waals Leben und Werk: Vieles konnte der damals noch lebende Sohn Joost berichten und erzählen, einige Fakten ließen sich in Archiven und alten Ausstellungskatalogen recherchieren. Vieles bleibt aber im Verborgenen. Vielleicht hilft dieser Artikel im Wittlaerer Jahrbuch, das eine oder andere Gemälde aufzuspüren, oder Informationen über den Künstler zu bekommen. Ziel all dieser Recherchen ist eine Ausstellung mit de Waals Industriebildern. Wer dazu Informationen beisteuern möchte, kann sich an den Heimat- und Kulturkreis Wittlaer e.V., Postfach 31 02 48, in 40489 Düsseldorf wenden, Stichwort: C. de Waal. Oder besuchen Sie uns im Internet: www.wittlaer.net

Alle hier abgebildeten Industriebilder von Cornelis de Waal sind, wie erwähnt, bis heute verschollen. De Waal war Mitglied im Künstlerverein Malkasten und gehörte dem Verein Düsseldorfer Künstler 1904 an. Er nahm in den zwanziger und dreißiger Jahren an zahlreichen Ausstellungen teil u.a. bei der „Großen Düsseldorfer Kunstausstellung“. Zu den erwähnten Ausstellungen in Kaiserswerth und Angermund ist jeweils ein Katalog erschienen.

Michael Steinhoff