Heimat-Jahrbuch 2003

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Naturnahe Umgestaltung des Kittelbachs

Planungsvorschläge für das Teilstück zwischen Niederrheinstraße und Mündung in den Rhein

Da der Kittelbach im Laufe der Zeit sein natürliches Bett verlassen mußte und heute als Vorfluter zur schnellen Ableitung des Wassers dient, entschloß sich die Untere Wasserbehörde der Stadt Düsseldorf zu einer naturnahen Umgestaltung. Das Planungsgebiet umfaßt beide Seiten des Kittelbachs auf einer Breite von ca. 50 m zwischen Niederrheinstraße und Mündung in den Rhein.

Bestandsbeschreibung
Der Kittelbach wird in einer Gewässerbeschreibung als kleiner Fluß mit einem gradlinigen Verlauf, mit sehr geringer Gewässerdynamik und als völlig vom Menschen beeinflußt beschrieben. An der Niederrheinstrasse wird seine Durchgängigkeit durch ein ca. 2,90 m hohes Wehr, das dem Hochwasserschutz dient, unterbrochen. Sein Lauf wird ferner durch zwei Brücken eingeschränkt. Am Ende mündet der Kittelbach über eine glatte Sohlgleite, die aufgrund hoher Fließgeschwindigkeiten für viele Fische unpassierbar ist, in den Rhein. Die Ufer und die Gewässersohle sind durch Steine sowie vereinzelte Mauer- und Betonelemente befestigt. Der Bach ist begradigt, was zu einer geringen Gewässerdynamik führt. Naturnahe Strukturelemente wie Uferbepflanzung oder Röhrichtzonen sind nicht zu finden.

Eine vogelkundliche Untersuchung weist einen hohen Seltenheitsindex und eine hohe Artenzahl auf, wobei die Stockente der einzige Vertreter der auentypischen Arten ist. Die Auswertung einer Elektrobefischung vom 18.02.1998 ergab folgendes Ergebnis: Vor dem Wehr befindet sich ein breites Spektrum an Fischarten, wie z.B. Aal, Bachforelle, Barbe, Döbel, Rotauge u.s.w. Diese Arten nehmen aber hinter dem Wehr, bachaufwärts, sehr stark ab. Es wurden 18 verschiedene Arten festgestellt, wobei 10 Arten davon auf der „Roten Liste“ des Landes Nordrhein-Westfalen stehen. Im Kittelbach wurde die größte Artenvielfalt des gesamten Düsseldorfer Stadtgebietes festgestellt. Besonders seltene Exemplare darunter sind der Neunstachlige Stichling und der Bitterling.

Das Umfeld des Kittelbachs ist durch landwirtschaftliche Nutzflächen mit Gehölzgruppen und Bäumen geprägt. Weitere belebende Landschaftselemente sind die als Naturdenkmal geschützte Kastanienallee am Fährerweg und die ebenfalls als Naturdenkmal ausgewiesene Lindenallee an der Straße An St. Swidbert.

Leitbild
Da sich reine Naturschutz-Leitbilder aufgrund der Besucher und die Nähe zu Kaiserswerth nicht verwirklichen lassen, muß ein Kompromiß zwischen Naherholung und Naturschutz gefunden werden. Das Leitbild bei der naturnahen Umgestaltung des Kittelbachs ist die Schaffung eines Fließgewässers der Niederungen. Die Gewässerlandschaften der Niederungen begleiten als ausgedehnte Schwemmebenen die großen Flußläufe und ihre Nebengewässer. In den Gewässerlandschaften der Niederungen sind in Nordrhein-Westfalen die größten Veränderungen vorgenommen worden. Für die Entwässerung der Niederungen wurden die Fließgewässer tief eingeschnitten und zu geraden Entwässerungsgräben umgestaltet, so daß es vom Typus der Niederungsbäche in Nordrhein-Westfalen keine naturnahen Vorbilder mehr gibt. Die heute grabenartig ausgebauten Bäche waren ursprünglich besonders intensiv mit ihrem Umfeld verzahnt. Bei jedem Hochwasser konnte das Gewässer weit in die umgebende flache Niederung ausufern, die im Anschluß viele Wochen wasserbedeckt blieb. Dieser Gewässertyp bildet verzweigte Rinnensysteme und Altarme aus. Wegen des geringen Längsgefälles haben Niederungsfließgewässer auf langen Teilstrecken häufig Stillwassercharakter. Die Fließgewässer der Niederungen sind nur teilbeschattet und besitzen ausgedehnte Röhricht- und Großseggenbestände. Für den Menschen wird die Erhaltung und Schaffung von Erholungsräumen in der freien Landschaft gefordert. Dies kann durch die Anlage von Geh- und Radwegen sowie mit dem Anlegen von Sitzplätzen erreicht werden.

Technische Umgestaltung
Die geplante Linienführung sieht vor, den gradlinigen Verlauf des Fließgewässers in eine naturnahe, geschwungene Linienführung umzuwandeln. Dafür wird fast die gesamte Breite des Planungsgebietes in Anspruch genommen. Das Wehr wird durch eine ca. 90 m lange Sohlrampe ersetzt, um die Durchgängigkeit des Gewässers wiederherzustellen. Die Sohlrampe ist eine Art Fischtreppe, um der Fauna der Fließgewässer die Überwindung großer Höhen zu erleichtern. Anschließend verläuft der Kittelbach geschwungen und mit einer Laufgabelung versehen bis zur Brücke des Fährerweges, wodurch sich eine Inselbildung ergibt. Bei der Unterquerung der Brücke verläuft der Bach wieder in seinem alten Bett. Auf dem Teilstück vom Fährerweg bis zum Herbert-Eulenberg-Weg fließt der Bach wieder geschwungen. Die Linienführung des letzten Stückes vom Herbert-Eulenberg-Weg bis zur Mündung in den Rhein wird bis auf die Umgestaltung der glatten Sohlgleite in eine Sohlrampe und die Entfernung des massiven Verbaus mit Beton so belassen. Die Zweite Sohlrampe überwindet einen Höhenunterschied von 0,5 m bei einer Länge von 12 m. Durch die geschwungene Linienführung wird das Teilstück des Kittelbachs von momentan 490 m auf 550 m verlängert.

Das Längsgefälle wird dem Leitbild entsprechend durchgängig gefällearm angelegt, um die Fließgeschwindigkeit zu senken. Dadurch ergibt sich ein träge fließendes Strömungsbild. Das Gewässerquerprofil erhält eine unregelmäßige Trapezform mit großer Breitenvarianz und wechselnden Böschungsneigungen von 1:1 bis zu 1:6, so daß sich im Verlauf des Kittelbachs unterschiedliche Querschnitte bilden. Die Sohlbreite wird auf 4 - 8 m angesetzt, so daß ein Mittelwasserspiegel von 0,45 - 0,90 m zu erwarten ist. Dadurch erreicht man eine große Tiefenvarianz, die im Querprofil stark wechselt. Die Einschnittstiefe des Gewässers beträgt ca. 0,5 - 1 m. Damit ist die leichte Überflutung der Aue bei Hochwasser gewährleistet.

Gestalterische/landschaftsplanerische Umgestaltung Beim Ausbau der Gewässersohle soll Material verwendet werden, das dem natürlichen geologischen Untergrund entspricht. Dies ist im Bereich des Kittelbachs Sand und Kies. Die Entwicklung von im Sommer trockenfallender Sand- und Kiesbänke soll begünstigt werden. Dies erreicht man durch eine Querschnittsaufweitung, die gleichzeitig für die Ableitung der Abflußspitzen sorgt.

Bei der naturnahen Gestaltung der Ufer soll auf die Verwendung von toten Baustoffen, wie Steine, Metalle oder Kunststoffe möglichst verzichtet werden. Sie sind nur bei der Anlage der Sohlrampe einzusetzen, um eine ausreichende Stabilität zu erreichen. Bei der Gestaltung der Uferböschung ist dem natürlichen Vorbild entsprechend eine wechselnde Böschungsneigung (1:1 bis 1:6) anzulegen. Sie ist mit Rasen und Röhrichten zu bepflanzen. Zum Schutz des nördlichen Ufers zwischen Fährerweg und Herbert-Eulenberg-Weg wird eine ein- bis zweireihige Erlenpflanzung angelegt. Sie soll eine Ufererosion und damit die Gefahr einer Schwächung des Hochwasserdeiches vermeiden. Um eine Beeinträchtigung des Gewässers durch schadhafte Einflüsse (z.B. Landwirtschaft) zu vermeiden, wird ein 5 – 15 m breiter Gewässerrandstreifen am gesamten südlichen Ufer des Kittelbachs angepflanzt.

Der Gewässerverlauf wird dem natürlichen Leitbild entsprechend im Längsverlauf und im Querprofil nachgebildet. Dabei tritt aufgrund des geringen Gefälles eine niedrige Strömungsgeschwindigkeit auf, wodurch ein träges fließendes Strömungsbild erreicht wird. Die Laufkrümmung ist überwiegend geschwungen und bildet im Bereich zwischen der Niederrheinstraße und dem Fährerweg durch eine Verzweigung zwei Inseln. Diese sind mit Weiden und Röhrichtgesellschaften zu bepflanzen. Die Tiefenvarianz des neu gestalteten Kittelbachs ist groß und wechselt im Querprofil. Es treten dabei Wasserstände bei Mittelwasser von 0,45 bis 0,90 cm auf. Die Einschnittstiefe des Gewässers ist mit 0,5 bis 1 m gering, um eine Verzahnung des Gewässers mit der Aue zu gewährleisten.

Die Gewässeraue wird beeinflußt durch die regelmäßige Überflutung der Aue. Sie soll als Feuchtwiese ohne jede Nutzung gestaltet werden. Auf den Flächen soll durch Sukzession ein artenreiches Biotop entstehen. Wenn sich die gewünschten Arten nicht ausbilden, kann durch eine Saat von Hochstauden der gewünschte Zustand hergestellt werden. Zusätzlich sollen Kopfweiden gepflanzt werden, um das typische Bild der Niederrheinaue zu erhalten. Auf der südlichen Uferseite des Kittelbachs zwischen dem Fährerweg und dem Herbert-Eulenberg-Weg wird ein Rad- und Gehweg angelegt. Er verläuft ungefähr auf dem jetzigen Trampelpfad, der auf reges Interesse der Besucher stößt. In der Mitte der Wegstrecke wird eine runde Sitzgruppe angelegt. Sie dient der Erholung und wird so angeordnet, daß Sichtbeziehungen zum Rhein, zum Kittelbach und in die Landschaft möglich sind.

Die Umsetzung der Planung bleibt der Stadt Düsseldorf überlassen.

Klaus Tenhaken