Heimat-Jahrbuch 2006

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Der Maler Anders Monsen Askevold
Der norwegische Landschaftsmaler (1834-1900) verlegte seinen Wohnsitz nach Düsseldorf
Von Siegfried Weiß

Kein Unbekannter in der Geschichte der „Düsseldorfer Malerschule“ ist der Vater des Architekten Anders Askevold, der Maler Anders Monsen Askevold. Während er jedoch in der deutschen Kunstgeschichtsliteratur nur als einer der vielen skandinavischen Düsseldorfer dokumentiert ist, gilt er in seiner Heimat Norwegen - mit Hans Gude, Johan Frederik Eckersberg, Morten Müller und anderen - als einer der führenden heimischen Landschaftsmaler seiner Zeit. Seine Geburtsstadt Askvoll setzte ihm sogar ein Denkmal (s. Abb. 8). Immerhin ist auch seine und seiner Frau Begräbnisstätte auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof bis heute als Ehrengrab erhalten. Geboren wurde er am 25.12.1834 im norwegischen Askvoll am Sunnfjord (Söndfjord), nördlich von Bergen, als zweites von zehn Kindern des Schullehrers und Küsters Mons Andersson (1806-1889) und seiner Ehefrau Johanne Johansdatter, geb. Grav (1809-1901): Der Vater hatte mit dem Erwerb eines kleinen Hofes dem in Norwegen üblichen Vatersnamen (Andersson = Sohn des Anders) den Ortsnamen (in der während der Zugehörigkeit Norwegens zu Dänemark eingeführten Benennung „Askevold“ = mit Eschen bewachsener Hügel) hinzugefügt, der nun zum Familiennamen wurde.

Verbundenheit mit der ländlichen Natur seiner Heimat - Anders hütete während der Sommermonate die kleine Ziegenherde seines Vaters - wäre nicht außergewöhnlich gewesen, doch regte sie den Knaben an, Illustrationen in der Büchersammlung seines Vaters und in Zeitschriften zu betrachten und dann auch zeichnend zu kopieren, was wiederum die Aufmerksamkeit eines Freundes der Familie, des Stiftsamtmanns Christie, erregte. Mit dessen finanzieller Unterstützung wurde der erst Dreizehnjährige 1847 Privatschüler des Malers Hans Leganger Reusch (1800-1854) in Bergen, der seinerseits Schüler von Johan Christian Dahl in Dresden gewesen war. Ab 1849 bis zu Reuschs Tod wohnte Askevold im Haus des Lehrers und seiner Frau Anna. Er skizzierte die Gebäude, den Hafen und die Umgebung von Bergen, erarbeitete Stilleben, besonders solche mit Vögeln und Jagdgerät, und übernahm Porträtaufträge auf Bestellung. Zu den noch erhaltenen Arbeiten dieser Zeit gehören auch die Bildnisse der Eltern und ein Selbstbildnis (beide 1855, s. Abb.1 und 2). Zwischenzeitlich war er kurze Zeit Schüler der Zeichenschule in Bergen unter Frantz Wilhelm Schiertz (Leipzig 1813 - 1887 Balestrand) und hielt sich anschließend ein halbes Jahr in der Hauptstadt Christiania (heute Oslo) auf. Hier übte er sich im Kopieren, durchstreifte die Umgebung zu selbständigen Landschaftsstudien, malte weiterhin Porträts, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, und nahm am Unterricht Knud Bergsliens (Voss 1827 - 1908 Christiania) an der „Königlichen Zeichenschule“ teil. Bergslien, selbst ein ehemaliger Schüler Reuschs, ging 1855 nach Düsseldorf und bildete sich dort zu einem geschätzten „Genremaler“ in der Art Adolf Tidemanns weiter.1

1854 reiste Askevolds Mitschüler bei Reusch, Johan Cambell (1835 - 1871) nach Düsseldorf, um bei A. Tidemand und H. Gude zu studieren. Vermutlich von Bergslien angeregt (möglicherweise sogar mit im zusammen) reiste im Herbst 1855 auch Anders Askevold dorthin, wurde Privatschüler seines Landsmanns Hans Gude und wechselte nach einem Jahr in dessen Landschafter-Klasse an die Königliche Kunstakademie. Aus dieser Zeit sind einige seiner Studien aus dem Düsselthal erhalten: „Fjös“ (Kuhstall), Öl auf Papier, 27 x 37,5 cm; bez: Düsselthal 10de Jan. 1856 (Oslo, Nationalgalerie), „Bachbett“, datiert: 16 Juli 1856, Öl auf Leinwand auf Pappe, 36,5 x 48,2 cm (s. Abb. 3), und „Wegrand“, 1856, Öl auf Papier/Pappe, 25,7 x 36 cm (beide: Düsseldorf, Museum Kunstpalast, Inv.nr. 2241, 2242, s. Abb. 4), die 1857 auf Betreiben Gudes für die Lehrsammlung der Akademie angekauft wurden, sowie „Das alte Haus“ (1857; Bergen, Kunstmuseum). 1857 erhielt der angehende Maler ein staatliches Reisestipendium zuerkannt [bis 1904 war Norwegen in einer Union mit dem Königreich Schweden verbunden]. Ein von Bergslien im selben Jahr in Düsseldorf gemaltes Porträt eines Unbekannten (Abbildung: Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 1) könnte durchaus den 23-jährigen Askevold darstellen, denn er verkehrte hauptsächlich im Kreis der zahlreich in Düsseldorf studierenden und niedergelassenen skandinavischen Künstler [norwegische Gudeschüler während Askevolds Studienzeit 1855 bis 1860: Harald Oscar Andersen (1857/60), Sophus Jacobsen (1854/56), Niels Björnsen Möller (1855/57), Carl Adolph Nielsen (1857/58), Peter Thürmann (1857/59), Christian Wexelsen (1855/59), Christian Frederik Ytterborg; in Düsseldorf waren außer Bergslien u.a. tätig: Adolf Tidemand (1814-1876; seit 1837 mit Unterbrechungen in Düsseldorf tätig, und dort seit 1849 endgültig ansässig), Johan Fredrik Eckersberg (1854/56), zuvor Schüler von Schirmer, Morten Müller (1828-1911; seit 1847 in Düsseldorf), Carl Lorck (1829-1882; 1852 bis 1881 in Düsseldorf), Herman Schanche (1828-1884; seit 1855 in Düsseldorf tätig), Peter Arbo (1831-1892; 1852-1858 Schüler von C. Sohn, O. Mengelberg und E. Hünten in Düsseldorf)].

Auch war er häufiger Gast im Haus seines berühmten Landsmanns Adolf Tidemand und dem der schwedischen Landschaftsmalerin Ulrika Sofia Amalia (Schonen 1819 - 1897 Düsseldorf) und ihres Mannes Adam Otto von Schwerin. Mit Amalia verband ihn das gemeinsame künstlerische Interesse an der Landschaft und den Tieren.2 Zunächst kehrte Askevold jedoch 1858 nach Norwegen zurück und trat 1860 von Bergen aus die durch das Stipendium ermöglichte Reise an. Sie führte ihn selbstverständlich zunächst wieder nach Düsseldorf und dann weiter nach Paris, wo er sich künstlerisch an den führenden Tiermalern, Constant Troyon und Rosa Bonheur, orientierte. Zurück in Bergen heiratete er 1862 die fast gleichaltrige Cathinka Marie Diderikke Gran (*Bergen 11.6.1834) und zog mit ihr nach Paris. Im selben Jahr nahm er an der Kunstausstellung der Weltausstellung in London teil („Bei der Fähre“; erhielt eine Goldmedaille), war 1863, 1864 und 1865 in den Ausstellungen des Pariser Salon vertreten, erhielt ebenfalls 1865 die Gelegenheit zu einer Einzelausstellung in Bergen und schickte zwei Gemälde zur Irish Industrial Exhibition in Dublin.3

In Paris wurden die beiden Töchter Jeanne Marie (6.6.1863 - 1927 Bergen)4 und Clara Augusta (10.5.65 - 5.5.1883 Düsseldorf) geboren; 1866 kehrte die Familie nach Bergen zurück. Es entstanden die beiden Gemälde „Hemkomst från Sätern. Norskt landskap med kor“ („Heimkehr von der Senne. Norwegische Landschaft mit Kühen“) und „Afton vid en Norsk skogsäter“ („Abend bei einem norwegischen Sennen“), mit denen er 1866 auf der Akademie-Ausstellung in Stockholm vertreten war5, und „Herbstmorgen in einem norwegischen Bauernhof“, das auf der Londoner Jahresausstellung angekauft wurde. Es folgte die Teilnahme an der Kunstausstellung der Weltausstellung in Paris, 1867. Askevolds Porträt wurde von dem Landschaftsmaler Hans Johan Fredrik Berg (Alesund 1856 - 1913 Molde) als Aquarell ausgeführt (s. Abb. 7).

Am 5.4.1868 wurde die vierte Tochter, Bolette Marie, in Bergen geboren. Sie wurde Malerin und debütierte schon als 19-jährige mit der Präsentation zweier Blumenstücken in der Permanenten Kunstausstellung des Vereins Düsseldorfer Künstler in der Kunsthalle.6 1893 heiratete sie in Düsseldorf den Oberzollinspektor Franz R.A. Karsten (1 Tochter, 4 Söhne) und verstarb am 23.7.1945 in Goddelau, Kreis Groß-Gerau. Das fünfte Kind, in Bergen am 29.7.1869 geboren, war schließlich ein Sohn: der spätere Architekt Anders, dem mit der Geburt von Harald, am 13.8.1871 ein weiterer Sohn folgte. Dieser wurde Ingenieur und lebte seit 1894 in Kalk bei Köln, heiratete am 11.2.1904 in Hagen Lydia Rübenstrunk (1 Tochter, 4 Söhne) und verstarb am 9.8.1950 in Bochum.

Das Jahr 1873 brachte Askevold einen weiteren Erfolg: Sein Gemälde „Rückkehr von der Senne“ („Afsked fra Saeteren“) erhielt auf der Kunstausstellung der Weltausstellung in Wien eine Medaille und wurde durch den deutschen Kaiser Wilhelm I. angekauft. Der Maler nahm nun Schüler in sein Atelier auf, unter ihnen 1873/74 Ole Juul (1850-1927) und 1875/76 Karl Uckermann (1855-1940), die beide von den norwegischen Lofoten-Inseln stammten und sich anschließend in Düsseldorf bzw. in München und Paris weiterbildeten.

Als siebtes Kind kam am 25.5.1873 in Bergen die Tochter Ragnhild zur Welt. Sie wurde Klavierlehrerin, heiratete 1908 in Düsseldorf den Architekten Johannes Schwalfenberg (2 Töchter, 1 Sohn) und starb am 30.1.1942 in Mönchengladbach. Das achte und letzte Kind von Anders und Cathinka, geboren am 10.3.1875 in Bergen, war noch einmal ein Sohn, Ingolf Birger. Er ging 1900 nach Wesel, wurde später Professor für Pädagogik in Kassel, heiratete 1909 Julie Rautzenberg (3 Söhne) und starb am 22. oder 23. 10.1951 in Kassel.7

Die 70er Jahre brachten dem Maler weiterhin die Auszeichnung mit einer Medaille für ein Gemälde in der Kunstausstellung der Weltausstellung 1876 in Philadelphia, einen Studienaufenthalt bei dem Münchner Tiermaler Friedrich Voltz in München (1877/78) und 1878 die Teilnahme an den Kunstausstellungen der Weltausstellung und des Salons in Paris. Im Oktober 1878 erfolgte der endgültige Umzug der Familie von Bergen nach Düsseldorf.8 Seit 1887 arbeitete er in einem Atelier an der Pempelforter Straße 88. Nun reiste der Maler nur noch gelegentlich in den Sommermonaten in die norwegische Heimat, teils um verwandtschaftliche und Verkaufskontakte zu pflegen, teils zu Studienzwecken. Wie die meisten norwegischen Künstler seiner Generation wurde auch er „Tourist im eigenen Land“. Seine Gemälde waren weiterhin in Ausstellungen in Deutschland (Hannover 1880; München 1883, Berlin 1883, 1884, 1888, 1891; Düsseldorf, u.a. 1885: Studien und Skizzen), Österreich (Wien 1882, 1888), England (London 1884: Goldmedaille) und Schweden (Göteborg 1881) zu sehen und wurden vor allem für norwegische Kunstsammlungen angekauft (Oslo, Bergen, Trondheim und andere). Nachdem er 1896 einen Schlaganfall erlitten hatte, dessen Folgen ihm das Malen unmöglich machten, verstarb der Maler im Alter von fast 66 Jahren am 22.10.1900 in Düsseldorf. Anlässlich seines hundertsten Geburtstages ehrten ihn 1934 die Kunstvereine in Oslo und Bergen mit einer Gedächtnisausstellung. Cathinka Askevold starb am 14.4.1917 und wurde neben ihrem Mann auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof beigesetzt.

Anmerkungen
1 Ab 1869 lehrte er erneut in Christiania, wo unter anderem Edvard Munch sein nachmals berühmter Schüler war.
2 Nach dem Tod ihres Mannes verkaufte Amalia von Schwerin 1868 ihr Haus (s. Sigurd Askevold, S. 141) und verbrachte einige Zeit in München, um sich - wie auch Askevold 1877/78 - bei dem Tiermaler Friedrich Voltz weiterzubilden.
3 Kat. Nr. 212: „Norwegian Landscape“; Kat. Nr. 222: „Cattle going to Pasturage in the Norwegian Mountains“ (Irish Art Loan Exhibitions 1765-1927, Index of Artists, vol. I (A-L), Dublin 1990).
4 Handarbeitslehrerin; 1885: Iserlohn; 1886: Christiania; 1889: Mülheim/Ruhr; 19.8.1890: Abmeldung nach Bergen; verheiratet 1890 mit Ferdinand Konrad Gran Hagerup in Bergen.
5 Ausst.-Kat. Nr. 363: Bes.: Hr. Köpman Nordby bzw. Nr. 364 (Kungl. Akademiens för de fria konsterna utställingar 1794-1887, Stockholm 1935). 6 Düsseldorfer Anzeiger Nr. 191, 16.7.1887.
7 lt. Stadtarchiv Kassel bzw. lt. Familienchronik Askevold. - Die Unterlagen im Düsseldorfer Stadtarchiv belegen noch einen weiteren Sohn: Johann (Bergen 19.5.1879), Volontär, der mit der Lehrerin Judith Kellen (*Tysgarden/Norw. 1882) verheiratet war und sich 1905 nach London abmeldete. In der Familienchronik Askevold erscheint er nicht.
8 lt. Stadtarchiv Düsseldorf: Wielandstraße 12, 1881: Sternstraße 20, 1885: Adlerstr. 12, 1886: Grafenberger Str. 50, 1892: Neanderstr. 15, 1896 bis zu seinem Tode: Grafenberger Chaussee 113 bzw. 122).
Bildunterschriften: Abb. 1 Bildnisse der Eltern, 1855 Abb. 2 Selbstbildnis, 1855 Abb. 3 Bachbett, 1856 Abb. 4 Wegesrand, 1856 Abb. 5 Askvoll, um 1858 Abb. 6 Auf dem Weg zur Alm Abb. 7 Askevolds Porträtfoto von Hans Johan Fredrik Berg Abb. 8 Askevold-Denkmal in Askvoll