Hermann A. Raddatz, Künstler sehen Wittlaer

Hermann A. Raddatz (1906 - 1962)
"Wittlaerer Kirche bei aufgehendem Mond", 1957, Gouache, 63,5 x 46,5 cm, Privatbesitz


Trotz des eindeutigen Bildtitels beherrschen Nacht und Tag scheinbar gleichermaßen die Darstellung und lassen dabei ein Abbild entstehen, das eher fabelhaften Träumen entspringt, als die Wiedergabe einer realen Örtlichkeit zu sein. Frontal steht der Betrachter der St. Remigius geweihten Kirche gegenüber, von der, wie in hellem Tageslicht, der viergeschossige Turmaufbau, der in einem hellen Blau wiedergegebene Turmhelm, angedeutete Fenster sowie ein Eingangsportal sichtbar werden. Ebenso wie der mehrstufige Weg zum Gotteshaus liegt aber auch das links angrenzende Gebäude hell erleuchtet dar. Verdeckt wird die Ansicht des Hauptmotivs durch einen großen Baum, dessen sich zur Krone stark verbreitenden Äste einen großen Teil des Gebäudes verdecken. Weitere niedrigere Pflanzen säumen den Aufgang zusammen mit einem am rechten Bildrand sichtbarer Zaun. In krassem Gegensatz dazu steht der nachtblaue Himmel, welcher von dunklen, fast schwarzen Wolken durchzogen und von einem, in komplementärem Rot dargestellten Mond beherrscht wird, dessen Farbgebung angesichts der ihn umgebenden Nachtschwärze sowie der hell erleuchteten Gebäude ohne den vom Künstler vorgegebenen Bildtitel eine Bestimmung offen lassen würde. In einem Gelbton erstrecken sich darüber hinaus längliche Wolken, die sich rechts und in kleineren Ausmaßen auch links vom Kirchturm am Firmament befinden. Möglicherweise liegt dem Werk eine ähnliche Intention zu Grunde wie die Darstellung der Wittlaerer Friedhofskapelle durch Walter Sauer, wo ebenfalls ein Gotteshaus zu nächtlicher Stunde hell erleuchtet wiedergegeben wurde und damit seine Außergewöhnlichkeit für gläubige Menschen zum Ausdruck kommen sollte.